Höchste Zeit für den Brexit

Golf Team Europa geht beim Ryder Cup mit 11:17 gegen die USA unter – auch weil die vielen Briten im Team in großer nationaler Geschlossenheit alle am Schlusstag ihre Einzel verlieren. Der beste Golfer kam unterdessen aus Belgien

Da ist das vergleichsweise kleine Ding: Triumvirat der USA mit Ryder Cup Foto: ap

Von Bernd Müllender

Es war einmal, da hatte ein junger Deutscher mit Namen Martin Kaymer beim Ryder Cup den entscheidenden Put gelocht. 2012 war das, in Medinah bei Chicago. Ein Auswärtstriumph, der Ekstase auslöste, zumal nach 6:10-Rückstand. Bis Sonntagabend hatte Kaymer dreimal teilgenommen am prestigeträchtigen Kontinentalduell mit den USA – und dreimal gewonnen. Das ist jetzt vorbei.

Haushoch verlor Kaymer alle drei Doppel. Am letzten Tag durfte er, als die Amerikaner am 18. Grün längst den Sieg feierten, noch sein bedeutungsloses Einzel gegen Matt Kuchar zu Ende spielen. Nach deutlichem Rückstand konnte er weitgehend unbeachtet sogar gewinnen. Ein schmaler Trost.

Gesamtergebnis: 11:17; eine veritable Klatsche für Europas Golfer. Erstmals seit 2008 obsiegten die Schlägerschwinger aus der Neuen Welt.

Schlechter als Kaymer waren nur die Briten; das aber in nationaler Geschlossenheit. Sieben der zwölf Europäer kamen aus England oder Nordirland. Alle sieben verloren am Sonntag ihre Einzel. Von den fünf anderen gewannen vier, der Spanier Sergio García teilte sich das spektakulärste Match des Turniers mit US-Senior Phil Mickelson – beide spielten mit 63 Schlägen saftige 9 unter Par.

Bis 1979 waren im Ryder Cup nur Briten und Iren teilnahmeberechtigt, die USA gewannen fast immer. Dann durften Kontinentaleuropäer mitmachen, um die Langeweile zu vertreiben. Jetzt könnte das europäische Golf den Brexit nutzen und 2018 in Paris nur noch EU-Bürger spielen lassen.

Doch auch ohne Briten wäre wenig auszurichten gewesen: Dafür spielten die Amerikaner zu gut, vor allem lochten sie aus Entfernungen, bei denen man das Loch kaum mit dem Fernglas erkennen konnte. Zehn Meter, 15, auch mal über 20: drin, drin, drin. Zermürbend für die eine, aufputschend für die andere Seite.

Vor allem die überbordende Energie des speckgesichtigen Patrick Reed, absoluter Publikumsliebling im Hazeltine National Golf Club, wurde eins mit Publikum und Mitspielern. Reed stachelte die Fans mit allerlei Gesten zusätzlich auf. Und „Captain America“ (New York Times) spielte auch noch phantastisch gut.

Auf europäischer Seite stellte sich die Frage: Hätte Kapitän Darren Clarke nicht anders aufstellen müssen? Ohne Not hatte er die beiden siegreichen Spanier García und Rafa Cabrera-Bello nicht mehr zusammen losgelassen. Dazu zwei Loser von Freitag, Lee Westwood und Danny Willett, gemeinsam in ein Duo gesteckt, das unterging. Und wieder auf Kaymer gesetzt. Hatte er der Nordire also den durchaus möglichen Erfolg verzockt? Nur teilweise. Kaymer und Westwood galten als alternativlos. Doch Westwood verlor seine Matches, das Einzel nach Zweiloch-Führung noch auf den letzten drei Bahnen. Im Doppel hätte er wenigstens ein Unentschieden retten können. Aber er schob meilenweit vorbei.

Unverständlich war vielen auch der Belgier Thomas Pieters statt des erwarteten Schotten Russell Knox. Und doch fegte der Novize aus Antwerpen nach der Auftaktniederlage (mit Westwood) alles weg. Vier Punkte – so viele schaffte am Wochenende niemand, auch beim Sieger nicht. Der große Kontrast: Hier die point machine Pieters – dort die disappoint machines aus Britannien. Das größte Lob kam von Doppelpartner Rory McIlroy: „Ich habe einen Partner für die nächsten 20 Jahre, den ich nie wieder hergebe.“

Drei Tage lang hatten je 60.000 Zuschauer getobt beim größten amerikanischen Karnevalsfest jenseits von Rio de Janeiro, darunter auch Golfenthusiast Bill Murray, als Hexe verkleidet. Volksfeststimmung, auch um die Europäer bei der Konzentration zu stören.

Team USA widmete den Sieg der verstorbenen Golflegende Arnold Palmer. Präsident Obama twitterte: „Arnie lächelt von oben.“ Ein Auftakt für weitere Siege, sagte Phil Mickelson: „Wenn wir darauf nicht aufbauen, war es schlicht nichts.“