„Orte, an denen was passiert“

GESPRÄCH & KONZERT Worte, Orte und Musik: Michaela Melián gastiert mit und ohne F.S.K. im Theater

■ 56, Mitgründerin von F.S.K. und Prof an der Kunsthochschule Hamburg.

taz: Hallo Frau Melián, wir waren zum Interview verabredet?!

Michaela Melián: Ach du Scheiße, das hatte ich total vergessen. Ich bin hier noch in Frankfurt. Wir haben im ivi gespielt. Das ist ein seit neun Jahren besetztes Uni-Gebäude…

und akut von Räumung bedroht?

Wir wollten da ein Zeichen setzen. Das Publikum war sehr gemischt und der Polizeibesuch, der bei Veranstaltungen dort üblich ist, blieb aus.

Damit ist in Bremen gar nicht zu rechnen: Sie treten im Theater auf. Ordnet sich das Verhältnis zwischen Sub- und Hochkultur neu?

Als Kampfbegriffe funktionieren die beiden jedenfalls nicht mehr. Theater und Museen sind der Öffentlichkeit verpflichtet. Da weht seit einiger Zeit ein anderer Wind. Gute Theater geben sich nicht mit dem Bildungsbürgertum zufrieden, sie intervenieren in den städtischen Raum.

Darüber sprechen Sie heute mit Thomas Meinecke?

Ausgehend von der Neuordnung des Bremer Theaters werden er als Schriftsteller und ich als Künstlerin über Orte sprechen, an denen was passiert. Sei es das besetzte Haus, das Theater oder die Galerie. Business as usual reizt mich nicht.

Am Dienstag treten Sie dann mit F.S.K. auf: Der Titel Ihrer neuen Platte, „Akt, eine Treppe hinabsteigend“ stammt ja vom Maler Marcel Duchamp, aber…?

…wir nehmen da eine Umkehrung vor. Denn bei Duchamp handelt es sich ja tatsächlich um die nackte Frau, die zu den wartenden Männern hinabsteigt.

Und bei Ihnen?

Die Platte ist Beate Klarsfeld gewidmet. Wir haben uns das so vorgestellt, dass der Akt hier keine nackte Frau ist, sondern eine Handlung, ganz gleich, ob nun im künstlerischen oder politischen Sinne. Er steht symbolisch dafür, dass Klarsfeld 1967 die Treppe hinunterstieg und sich dazu herabließ, dem Alt-Nazi Kiesinger eine zu scheuern.

INTERVIEW: RADEK KROLCZYK

Gespräch: heute, 20.30, Schauspielhaus-Foyer Konzert F.S.K., Dienstag, 20 Uhr, Schauspielhaus