Hafenarbeiter müssen weiter kämpfen

ARBEITSRECHT Trotz neuem Betriebsrat kehrt kein Frieden ein in die Hafenstauerei Schultze: Ihr Geschäftsführer ficht jetzt vorm Arbeitsgericht die Betriebsratswahl an – mit guten Chancen

■ Bei einer erfolgreichen Anfechtung verliert der Betriebsrat in der Regel mit Rechtskraft des entsprechenden arbeitsgerichtlichen Beschlusses sein Amt. Die Wahl muss wiederholt werden.

■ In Ausnahmefällen kann die Nichtigkeit der Wahl erklärt werden. Der Betriebsrat verliert dann sein Mandat, alle bisher gefassten Beschlüsse sind nichtig und es müssen Neuwahlen durchgeführt werden.

■ Gründe für eine Nichtigkeit können eine Wahl ohne Wahlvorstand sein oder das Nicht-Vorliegen der nötigen Wahl-Voraussetzungen.

Die jüngst erfolgte Betriebsratswahl bei der Bremer Hafenstauerei Schultze ging alles andere als glatt über die Bühne: Gegen Geschäftsführer Stefan Schultze hatte die Hafenarbeitergewerkschaft Contterm Strafanzeige wegen Behinderung der Wahl erstattet. Sie wirft ihm vor, eine Beschäftigtenliste verweigert, Mitarbeiter unter Druck gesetzt und die Wahl des Wahlvorstandes angefochten zu haben (die taz berichtete).

Jetzt kann sie der Liste einen Punkt hinzufügen: Am Freitag haben Schultze und sein Anwalt Michael Fliss vorm Arbeitsgericht Bremen auch die Wahl des Betriebsrates angefochten – nicht ohne Aussicht auf Erfolg.

Die Wahl eines Betriebsrates ist gültig, wenn sie von einem im Rahmen einer Betriebsversammlung gewählten Wahlvorstand geleitet wird. So war es auch bei der Hafenstauerei, doch die Geschäftsführung meldete beim Arbeitsgericht Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Vorstandswahl an. Das dreiköpfige Gremium sei nicht mit der erforderlichen absoluten Mehrheit gewählt worden.

In der Tat erhielten lediglich zwei der sieben angetretenen Kandidaten eine absolute, der dritte nur eine relative Mehrheit. „Wir haben darin kein Problem gesehen“, sagt Contterm-Gewerkschaftssekretär Sascha Schomacker, „zumal alle mit dem Wahlausgang einverstanden waren.“ Für ihn handelt es sich bei der Anfechtung um reine Provokation: „Schultze hätte innerhalb von 48 Stunden nach der Wahl eine einstweilige Verfügung durch das Arbeitsgericht erlassen können, dann hätten wir sie vielleicht wiederholen müssen. Stattdessen hat er knapp drei Monate lang der Belegschaft erzählt, die Vorstandswahl sei unrechtmäßig gewesen – ein klarer Versuch, den Kollegen die Betriebsratswahl madig zu machen.“ Selbst wenn die Anfechtung Erfolg habe, sei sie sinnlos, denn die Betriebsratswahl sei dennoch gültig. Sie müsse innerhalb von zwei Wochen nach Aushang der Wahlergebnisse gesondert angefochten werden.

Das hat Schultze jedoch getan, und zwar im letzten möglichen Moment – gestützt auf die Unrechtmäßigkeit der Wahlvorstands-Wahl, die die vorsitzende Richterin Martina Eckart-Stephan bestätigte: Wenn es nämlich keine absolute Mehrheit gibt, dann muss das Arbeitsgericht einen Wahlvorstand benennen. Das habe Rechtsanwalt Rolf Geffken, Vertreter des Wahlvorstandes, jedoch nicht veranlasst: „Es wäre keine unüberwindbare Hürde gewesen, diese Formalität zu erledigen“, so Eckart-Stephan. Das Arbeitsgericht hätte höchstwahrscheinlich die drei mehrheitlich Gewählten zum Vorstand ernannt. Damit hätte sich nichts am Resultat geändert – bis auf seine juristische Richtigkeit.

Diesen auf den ersten Blick unscheinbaren Formfehler nutzt Schultze nun zur Anfechtung der Betriebsratswahl. Dafür, so Geffken, müsse aber bewiesen werden, dass es bei korrekt gewähltem Wahlvorstand ein deutlich anderes Ergebnis der Betriebsratswahl gegeben hätte. „Nein“, so Eckart-Stephan, „es muss lediglich theoretisch möglich sein, dass das Ergebnis sich vom jetzigen unterschieden hätte – und sei es noch so belanglos.“

Das wird aber erst frühestens Ende April verhandelt, denn jetzt ist nicht mehr der Wahlvorstand, sondern der Betriebsrat Gegenstand einer Anfechtung. Bis zum neuen Termin beim Arbeitsgericht, versprach Geschäftsführer Stefan Schultze der Richterin, werde man mit dem Betriebsrat zusammenarbeiten und sei ihm gegenüber auch durchaus gesprächsbereit – anders freilich als gegenüber der taz, mit der weder er noch sein Anwalt reden mochten.  SCHN