Fototermin mit dem Leipziger Nachwuchs: ein Rodler beim Rugby Foto: beeingbrunobanani

Kokosnuss mit Ei

Suche Bruno Banani aus Tonga wurde bei den Winterspielen 2014 als Rodler aus der Südsee bestaunt. Sogar einen Film gibt es nun über ihn. Er würde gerne wieder rodeln. Doch seine Sponsoren sind abgesprungen. Jetzt trainiert er bei einem Leipziger Rugbyclub

Aus Leipzig Fabian Held

Im Leipziger Norden steht Bruno Banani auf einem weiten Rugby-Feld und grinst über beide Ohren. Bruno Banani, das ist nicht nur eine Unterwäsche-Marke aus Chemnitz, sondern auch ein Sportler. Der einzige Wintersportler aus dem südpazifischen Inselstaat Tonga. Bruno Banani hat Geschichte geschrieben, als erster Teilnehmer aus Tonga bei olympischen Winterspielen. Vor zwei Jahren in Sotschi rodelte er auf den 32. Platz. Und weil diese Geschichte so wunderbar, so verrückt ist und wahrscheinlich auch ein bisschen an den Film „Cool Runnings“ erinnert, wurde sie ebenfalls verfilmt.

Sieben Jahre lang hat das Leipziger Filmer-Duo Jörg Junge und Susann Wentzlaff Bruno begleitet, herausgekommen ist der Film „Beeing Bruno Banani – The Flying Coconut“. Der wird seit Mai auf diversen Festivals vorgestellt. Im Europapark Rust gibt es am Freitagnachmittag ein größeres Publikumsevent mit dem Film. Dafür ist der Rodler auf Promotour unterwegs. Wenn er daneben Zeit, hat trainiert er. Nicht auf dem Schlitten, auf einem Rasen in Leipzig.

Acht Wochen lang steht für Bruno Banani Rugby auf dem Programm. „In Tonga spielt jeder Rugby“, verrät er und fügt hinzu: „Ich habe nie professionell gespielt. Hier in Leipzig spielen sie in der 1. Liga, in Tonga habe ich nur in der 2. Liga gespielt. Ich weiß nicht, ob sich die Ligen vergleichen lassen.“ Er will es probieren. In Tonga ist Rugby Volkssport. Auch deshalb sind sie im Verein zuversichtlich, dass es Bruno schaffen kann. Nicht umsonst haben sie ihm das symbolträchtige Trikot mit der Nummer 1 gegeben.

Eigentlich würde sich Bruno Banani gerne auf die kommende Wintersportsaison vorbereiten. Doch er ist zurzeit gar kein Rodler mehr. Seit den Winterspielen 2014 Sotschi konnte Bruno keinen Eiskanal mehr runterrasen. Alle seine Sponsoren-Verträge sind ausgelaufen, der 28-Jährige kehrte in seine Heimat nach Tonga zurück.

Seit den Winterspielen 2014 in Sotschi ist Banani auf der Suche nach Sponsoren. Rennrodeln ist ein teurer Sport

Einst hatte er ganz im Sinne seines Sponsors sich den Künstlernamen „Bruno Banani“ geben lassen, wurde – sehr zum Ärger des IOC – zur menschlichen Werbetafel. Auch wenn die Firma den Sportler aktuell finanziell nicht unterstützt – Bruno hat seinen Namen behalten. Früher hieß er mal Fuahea Semi.

In seiner Heimat, einer Inselgruppe im Südpazifik, östlich von Australien und nördlich von Neuseeland, ist ein sinnvolles Rodel-Training sowieso nicht möglich. Denn Schnee oder gar einen Eiskanal gibt es nicht. Bis zu den Olympischen Spielen hat er in Europa auch mit dem deutschen Team trainiert. Billig war das gewiss nicht. Rodeln ist ein teurer Sport. Eine niedrige sechsstellige Summe wird pro Saison fällig. Damit Bruno fit bleibt und Sponsoren suchen kann, haben ihn die Leipziger Filmemacher Junge und Wentzlaff nach Leipzig geholt.

Sie bezahlten die Flüge und stellten den Kontakt zum Rugby-Club Leipzig her, der aktuell in der 1. Rugby-Liga spielt. „Wir haben die Entwicklung von Bruno natürlich immer verfolgt. Wir mussten feststellen, dass Bruno nach den Winterspielen alleingelassen wurde“, erzählt Filmemacher Jörg Junge. In Deutschland will das Filmer-Duo Bruno bei der Sponsoren-Suche unterstützen. „Wenn sich im Rodeln keine Sponsoren auftreiben lassen, dann tut sich vielleicht eine Perspektive in einer anderen Sportart auf“, hofft Junge jedenfalls.

Auf dem Weg zu Platz 32: Bruno Banani 2014 in Sotschi Foto: imago

Für Bruno sind die zwei Monate in Leipzig so etwas wie die letzte Chance. Will er er noch einmal zu den olympischen Winterspielen, noch einmal auf einem Rodel den Eiskanal hinunterrasen, dann muss er möglichst bald Sponsoren finden. Um sich noch für die Spiele 2018 in Südkorea zu qualifizieren, müsste schon ein kleines Wunder passieren. Realistischer sind dann eher die Spiele 2022 in Peking. Für den 28-jährigen Bruno Banani tickt die Uhr.

Ob er mit dem RC Leipzig dafür genau den passenden Verein gefunden hat? Der hat sein erstes Spiel in der Bundesliga beim Hamburger RC am vergangenen Wochenende verloren – ohne Bruno Banani. Ob er es in die Mannschaft schafft, ist noch nicht abzusehen. In Leipzig hofft man jedenfalls durch den Exoten zumindest auf ein wenig mehr Aufmerksamkeit, sagt Präsident Karsten Heine. „Rugby ist in den letzten Jahren beliebter geworden. Auch weil es bei den Olympischen Spielen wieder dabei war. Aber es führt in Deutschland immer noch ein Schattendasein, das ist in anderen Ländern ganz anders“, sagt Heine. Und dann gibt es einen weiteren Grund, warum sie sich über Bruno freuen: „Seit unser Neuseeländer weg ist, hat uns jemand vom Kontinent Australien gefehlt. Jetzt sind wieder alle Kontinente bei uns vertreten“, erzählt Heine lachend.

Gut, aus der Antarktis haben sie keinen Spieler, aber ansonsten ist der Verein eine bunte Truppe. Unter anderem ist auch ein Syrer Teil der Mannschaft, der als Flüchtling nach Leipzig kam – wegen des Rugbys. „Ich habe gezielt eine Stadt mit einem Rugby-Verein gesucht“, erzählt Mahmoud Alrebdawi. In Damaskus hat er im einzigen Rugby-Verein Syriens gespielt. Seine Mannschaft ist jetzt auf Deutschland, Europa und Syrien verstreut.

Der Gast aus Tonga soll dem Rugbysport in Leipzig zu mehr Aufmerksamkeit verhelfen

Dennoch haben sie eine syrische Mannschaft im 7er-Rugby gegründet, wollen im kommenden Jahr an ersten Wettbewerben teilnehmen. „Eines Tages werden wir zusammen sein und zusammen in der Nationalmannschaft spielen“, hofft Mahmoud.

In Leipzig sind sie froh, ein internationales Team zu haben. Neue Kulturen, fremde Länder, das wird hier als Bereicherung gesehen. Insofern passt auch Bruno, der Exot, sehr gut ins Team. Er lacht und strahlt während des Trainings, auch als die Kameras verstummt und die Journalisten am Buffet sind.

Brunos Geschichte ist noch nicht zu Ende erzählt. Gegen alle Widerstände ist er Wintersportler geworden. Er hat das Unmögliche möglich gemacht. Die olympischen Winterspiele 2014 waren der Höhepunkt, aktuell sucht Bruno aber noch sein Happy End.