Berliner Szenen
: Lallende Loser

Mother Earth?

Normalerweisefinde ich Grasvollkommen okay

Es war ein Septemberwochenende im Jahr 2016, also ziemlich genau drei Jahre vor dem Tag, da die Polkappen auf einmal doch sehr plötzlich schmolzen und eine schmutzige Welle aus Brackwasser und toten Eisbären über den größten Teil der Landmasse des Planeten Erde hinwegschwappte. Dabei machte sie auch vor dem Treptower Park nicht Halt, aber der war zu jenem Zeitpunkt eh schon längst hinüber.

Eigentlich hätte man bereits gewarnt sein können, denn der September hatte sich als August verkleidet, mit einem neckischen Kleidchen und einem Thermometer um den Hals, das deutlich über dreißig Grad anzeigte. Nur das Licht war anders, weicher als im Hochsommer, goldener, septembriger.

Auch der Ton war merkwürdig: Im Autoradio lief eine Liveübertragung von irgendeinem Kasperkram für Idioten: „Lallende Loser“ oder so ähnlich. In unserem Bat-Mobil (wegen des Kennzeichens B-AT) lauschten wir auf dem Heimweg von der damals noch nicht überspülten Prignitz dem Erfinder des Kasperkrams, der davon schwärmte, wie geil es doch sei, dass der Kasperkram in diesem Jahr auf Gras stattfand. Weil man durch das Gras und dessen Wurzeln direkt mit „Mother Earth“ verbunden wäre.

Normalerweise finde ich Gras vollkommen okay. Aber ich fürchte, es war leider auch dasselbe Zeug, dass ihn sich hier hinstellen und kackfrech krähen ließ, wie toll es wäre, dass er hier mit seinem Kasperkram Unmengen Kohle scheffelte, während er per Rasen mit Mutter Erde kommunizierte; das ihn in einer fremden Stadt allein für seinen Kasperkram ein Naherholungsgebiet kollateral dem Erdboden gleichmachen ließ und unter dessen Einfluss er auch noch hunderttausend andere lallende Loser in seinen asozialen Strudel hineinzog. So ein Zeug gehört in jedem Fall verboten. Uli Hannemann