Steilpass gegen Flüchtlingsbehörde

Ausweise Mehrere Bundesländer werfen dem Bundesamt für Migration (Bamf) vor, gefälschte Pässe syrischer Flüchtlinge nicht entdeckt zu haben. Brandenburg will Datensätze des Bamf beschlagnahmen lassen

Gefälschte Identitäten? Erkennungsdienstliche Behandlung eins Flüchtlings Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

BERLIN dpa/taz | Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) muss sich gegen den Vorwurf der Schlamperei bei der Überprüfung von Flüchtlingspässen wehren. Mehrere Bundesländer legen der Nürnberger Behörde zur Last, wiederholt gefälschte Pässe von Asylbewerbern nicht erkannt zu haben.

Das Bundesamt betont dagegen, ihm lägen keine konkreten Hinweise aus den Ländern vor, dass vom Bamf akzeptierte Pässe dort beanstandet worden seien.

Zuvor hatte der Berliner Sender RBB über schwere Vorwürfe mehrerer Länder berichtet. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) erklärte, bei Stichproben von Flüchtlingspässen seien Fälschungen und nicht zutreffende Identitäten in erheblichem Maße entdeckt worden. „Das können wir angesichts der aktuellen Gefahren mit der Sicherheitslage in unserem Land nicht vereinbaren“, sagte der CSU-Politiker. Herrmann will das Thema deshalb in dieser Woche mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) besprechen.

Am Dienstag waren in Schleswig-Holstein drei Terrorverdächtige festgenommen worden, die Ende 2015 mit mutmaßlich gefälschten Pässen die Grenze überquert hatten. Die Behörden hatten jedoch erkannt, dass ihre Pässe wohl aus einer Druckerwerkstatt der Terrormiliz IS stammten, und sich deshalb an ihre Fersen geheftet.

Es ist seit Langem bekannt, dass ein Teil der seit 2015 zu Hunderttausenden nach Deutschland eingereisten Asylbewerber bei der Registrierung falsche Pässe vorlegte. Der weitaus größte Teil hatte überhaupt keine Dokumente bei sich. Das Bamf versicherte, man unternehme alle Anstrengungen, um gefälschte Papiere zu identifizieren. So seien seit März 2016 von 53.603 geprüften Dokumenten 3.311 beanstandet worden. Dies sei ein Anteil mutmaßlicher Fälschungen von ungefähr sechs Prozent.

Nach Angaben mehrerer Bundesländer bleiben dennoch viele Fälschungen unentdeckt. So stellten bayerische Fahnder allein in Garmisch-Partenkirchen bei einer Stichprobe 19 gefälschte Pässe sicher. In Mecklenburg-Vorpommern überprüft man derzeit rund 3.300 Pässe, unter denen sich bisher 140 gefälschte syrische Pässe fanden. Vier davon habe das Bamf vorher mit Gutachten für echt erklärt. Drei der gefälschten Identitäten würden dem Umfeld des IS zugeordnet.

Fahnder haben bei einer Stichprobe 19 gefälschte Pässe sichergestellt

Als Konsequenz will die Brandenburger Generalstaatsanwaltschaft beim Bamf die Datensätze von rund 18.000 Flüchtlingen beschlagnahmen lassen. Die Behörde verweigert die Herausgabe der Daten. Der Staatsanwaltschaft sei es konkret um Anzeigen wegen illegaler Einreise gegangen, erklärte das Bamf. Die Übermittlung sei unverhältnismäßig, weil solche Strafverfahren von den Gerichten in der Regel wieder eingestellt würden.

Der SPD-Innenpolitiker Konrad Lischka verlangte Aufklärung von Thomas de Maizière. „Der Bundesinnenminister soll erklären, wie es dazu kommen konnte, dass beim Bamf ­offenbar nicht sorgfältig gearbeitet wurde“, sagte Lischka. „Jeder Fall eines mit falschen ­Papieren eingereisten Flüchtlings ist einer zu viel.“