GESPRÄCH AM MORGEN
: Kein Unmensch

Und es hätte schließlich nie Probleme gegeben

Die Tochter ist krank. Nach zwei Stunden Betonschlaf geht der Wecker los. Im Spiegel sehe ich aus wie jemand, den ich nicht sehen möchte. Es gibt kein Warmwasser mehr. Auch als ich den Sicherungsschalter wieder hochlege, springt der Durchlauferhitzer nicht an.

Ich rufe bei der Hausverwaltung an, und der Mann fragt, wie lange ich in der Wohnung wohnen würde und ob ich die Wartungsbelege hätte. Habe ich nicht. Nun ja, sagt der Mann recht fröhlich, dann müssen Sie einen neuen Boiler kaufen. Okay, sage ich, ich kaufe den Boiler und wenn ich mal ausziehe, nehme ich den in die nächste Wohnung mit. Nein, nein, sagt der Vermieter, das natürlich nicht. Entschuldigen Sie mal, sage ich, das ist mein Boiler, mit dem kann ich machen, was ich will. Na ja, lenkt er sehr ernst ein, er sei kein Unmensch und möchte mit den Mietern gut auskommen, und es hätte schließlich nie Probleme gegeben, so ein Ding würde ungefähr 1.400 Euro kosten. Ich möchte Sie ungern unterbrechen, sage ich, aber das ist mir wirklich zu dämlich. Schicken Sie unverzüglich Handwerker vorbei oder ich besuche meine Freunde vom Mieterverein, die wohnen direkt gegenüber, da kann ich auch gleich duschen.

Wenn ich mit Hausverwaltungen telefoniere und das Wort Mieterverein ins Gespräch bringen muss, weicht der eigennützigen Aggression meist eine eigennützige Freude, das Beste für alle Beteiligten herbeiführen zu wollen. Nun will der Vermieter mit einer Firma telefonieren und sich gleich zurückmelden.

Drei Minuten später klingelt das Telefon. Sicherlich sind doch nur Teile kaputt und wann der Handwerker kommen könne? Ich sage Danke und lege auf. Die Tochter schlurft, die Wangen fiebrig-rot, mit dem Schlafhasen aus ihrem Zimmer. Wir haben kein warmes Wasser, sage ich. Warm, murmelt sie. Dann weiten sich ihre Augen und sie ruft: Ich bin warm! BJÖRN KUHLIGK