LeserInnenbriefe
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Boykott ist nicht antisemitisch

betr.: „ Antisemitismus bleibt, wie er ist“ , taz.bremen vom 15. 9. 16

Im Artikel „Antisemitismus bleibt, wie er ist“ wird die BDS (Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen)-Bewegung als „antisemitisch“ bezeichnet. Dass der Senat sich gegen die BDS-Bewegung ausspricht, ist nicht verwunderlich, aber bedauerlich, denn damit setzt er sich einseitig für die israelische Regierungsposition ein, nicht aber für die Menschenrechte der Palästinenser. Die BDS-Bewegung wird aber auch von jüdischen Organisationen unterstützt, nämlich von all denen, die die israelische Besatzung palästinensischer Gebiete ablehnen und Menschenrechte für beide Völker wollen, nicht nur für Juden. Die christlichen Kirchen Palästinas haben ebenfalls zu einem Boykott aufgerufen und dem schließen sich immer mehr Kirchen in den USA und Europa an. Dazu haben Banken und Regierungen (z.B. Norwegen) Gelder aus Firmen etc. abgezogen, die zur Aufrechterhaltung der Besatzung beitragen. Die BDS-Bewegung ist nicht antisemitisch, sie zweifelt die Existenz Israels nicht an, sie ist eine gewaltfreie Bewegung ähnlich der gegen das Apartheidsregime in Südafrika, um das den Palästinensern angetane Unrecht zu beenden. CLAUS WALISCHEWSKI, Bremen

Nur die halbe Geschichte

betr.: „Prunk und Wellblech“, taz.bremen vom 17./18. 9. 16

Wenn Architektur auch ohne Hinweise zu sprechen beginnt, wie es in der Bildbeschreibung heißt, ist das sicherlich gut und Zeichen für ein gutes Bild. Gerade das ausgewählte Bild erzählt ohne weitere Erläuterung allerdings höchstens die halbe Geschichte. Denn Kurapaty, dessen Bushaltestelle und Zugang das Bild zeigt, ist ein Waldstück nördlich von Minsk, in dem der sowjetische Geheimdienst von 1937 bis 1941 geschätzt 200.000 Menschen ermorden und in Massengräbern verscharren ließ. Unabhängige Bürgerrechtler kämpfen für eine Erinnerung an diese Verbrechen und werden dabei immer wieder, auch von staatlichen Stellen, die nichts gegen immer wieder auftretenden Vandalismus unternehmen, behindert. Eine staatliche Gedenkstätte existiert an diesem Ort der schlimmsten stalinistischen Verbrechen in Belarus nicht. Das Bild zeigt also viel mehr als die bekannte Tristesse postsowjetischer Vorstädte. Das sollte in Deutschland (wo der Ortsname ja nicht gerade bekannt ist) nicht unterschlagen werden. Bleibt zu hoffen, dass dies nur ein Mangel der taz-Bildbeschreibung und nicht des vorgestellten Buches ist.

Jochen GOENS, Bremen

Chance vertan

betr.: „Zumindest sieht sie gut aus!“, taz.bremen vom 3./4. 9. 16

Welch späte Erkenntnis durch den Landeskonservator Skalecki: Das Parlamentsgebäude zeige, dass auch modernes Bauen im historischen Umfeld möglich ist! Den Neubau der Bremer Landesbank hat der oberste Denkmalschützer in höchsten Tönen gelobt, obwohl hier Vorne und Hinten nicht zusammenpassen und die zurückgesetzte Betonkrone sogar das Weltkulturerbe Rathaus überragt! Vorn eine geschwurbelte Backsteinfassade mit senkrechtem gotischen Charakter und Schmuckelementen wie aus Omas Häkelstube, in der Gebäudeecke ein gewändertes Rundbogenportal aus der romanischer Kirchenarchitektur. Elemente aus der Mottenkiste der Architektur! Allein für die Fassadenelemente wurden laut Deutschem Architektenblatt 64 verschiedene Formen von Klinkersteinen verwendet. Damit diese nicht von der geschwungenen Fassade fallen, waren Betonfertigteile notwendig, die an die Form eines Büstenhalters erinnern. Mit der Fassade der Bremer Landesbank wurde ein falsches Zeichen für die zukünftige Architektur dieser Stadt gesetzt; es wurde die historische Chance vertan, modernste Architektur neben einem historischen Rathaus zu zeigen!

Carsten SCHNOOR, Bremen