WTO-VERHANDLUNGEN: DIE USA SIND ZU ZUGESTÄNDNISSEN BEREIT
: Jetzt kommt es auf Brüssel an

Seit die Entwicklungsländer vor zwei Jahren die Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) in Cancún platzen ließen, stehen die dem Süden wichtigen Themen auf einmal ganz oben auf der Tagesordnung. Ohne Zugeständnisse an die Entwicklungsländer, so die erzwungene Einsicht der Industriestaaten, ist eine weitere Öffnung des Weltmarkts nicht zu haben. Nur zwei Monate vor der nächsten WTO-Ministerkonferenz scheint diese Erkenntnis auch bei den USA angekommen zu sein. Auf einmal zeigt sich die Regierung bereit, ihre für viele Produzenten im Süden ruinösen Agrarbeihilfen und Exportsubventionen für Agrarprodukte spürbar zurückzufahren.

Dahinter dürfte die Hoffnung der USA stehen, nicht nur ihren Haushalt zu entlasten, sondern auch durch einen besseren Marktzugang zu Entwicklungs- und Schwellenländern ihr chronisches Handelsbilanzdefizit zu lindern. Teil des US-Vorschlags ist daher, dass sich die Entwicklungsländer zu einer weiteren Marktöffnung bereit erklären müssen. Im Alleingang werden sich die USA also nicht bewegen. Ob und wie es weitergeht, hängt jetzt vor allem von Brüssel ab. Bislang hatte die EU-Kommission eine Abschaffung ihrer Exportsubventionen in Aussicht gestellt, und die EU-Osterweiterung machte ein Überdenken der teuren Agrarbeihilfen ohnehin nötig. Aber kaum wird es ernst, setzen die üblichen Reflexe ein. Eine von Frankreich angeführte Phalanx widersetzt sich jeglicher Subventionskürzung.

Doch sollte die EU irgendetwas von ihrem Gerede über gerechten Welthandel und Entwicklung ernst meinen, dann kann sie auf den hinhaltenden Widerstand der Agrarlobby keine Rücksicht nehmen. Ausgerechnet der US-Landwirtschaftsminister deutete vergangene Woche einen Weg an: An die Stelle einer subventionierten Überschussproduktion sollten WTO-konform direkte Einkommensbeihilfen für kleinere Landwirte und Zahlungen für den Erhalt der Umwelt treten. Dass sich EU-Handelskommissar Peter Mandelson vor Aussagen dazu drückt, ist kein gutes Zeichen.

NICOLA LIEBERT