NPD kennt keine „Agentenzuhälter“

Ausgerechnet einer der wichtigsten NPD-Parteimanager muss sich gegen Spitzelvorwürfe wehren. Er soll Parteifreunde zum bezahlten Schnüffeln animiert haben. Die Parteispitze deklariert die Vorwürfe zur Intrige – und deckt ihren Funktionär

AUS BERLIN ASTRID GEISLER

In der NPD besinnt man sich dieser Tage einer Tradition, die zum Profil der extremen Rechten in Deutschland gehört, wie das Duzen zum Umgangston unter linken Genossen – die der Führungsquerelen. Kaum hat der Parteivorstand den in der Berliner Zentrale verhassten Alt-Nazi Günter Deckert von der Spitze des baden-württembergischen Landesverbandes weggebissen, eskalieren die Streitereien ein paar hundert Kilometer weiter an der Saar.

In der Schusslinie steht diesmal kein geringerer als Peter Marx, Vize-Bundesvorsitzender, Landeschef der NPD in Rheinland-Pfalz, Fraktionsgeschäftsführer der NPD im sächsischen Landtag und zuletzt Manager des Bundestagswahlkampfs der Nationaldemokraten – kurz: einer der Tausendsassas der Partei. Marx trat inzwischen die Flucht nach vorn an und leitete ein Schiedsgerichtsverfahren gegen sich selbst ein.

Denn was dem 47-jährigen Saarländer von Mitstreitern aus dem Südwesten vorgeworfen wird, hat das Zeug zu einer Spitzel-Affäre der raffinierteren Art. Der Parteikader soll nicht nur selbst in der Mitarbeiterkartei des Verfassungsschutzes gestanden haben. Glaubt man dem Völklinger NPD-Gemeinderat Otfried Best, dann ermunterte Marx zudem zwei örtliche Parteifunktionäre, sich ebenfalls auf die Gehaltliste des Verfassungsschutz setzen zu lassen. Die Honorare für die Maulwurfsjobs sollen gerecht geteilt worden sein – eine Hälfte floss an den Landesverband, die andere blieb den V-Leuten. Angeblich lässt sich das Gemeinschaftsprojekt beweisen: Ein Blick auf die Kontoauszüge des Landesverbandes genüge.

Der Ankläger von der saarländischen Basis hat inzwischen Unterstützer gefunden, die im Internet nach Herzenslust über die Parteispitze herziehen, darunter Jürgen Schwab, früherer Redakteur des NPD-Organs Deutsche Stimme. Er hält der Mannschaft um Parteichef Udo Voigt vor, aus taktischen Gründen mutmaßliche „Agentenzuhälter“ wie Marx zu decken undrechtschaffene Aufklärer von der Basis einzuschüchtern.

Als Ex-NPD-Hausjournalist liefert Schwab gleich ein passendes Zitat aus der Parteipostille, um Voigt zu überführen. Demnach vertrat der Parteichef dort vor drei Jahren die Ansicht, manchmal sei es besser, einen Spitzel bewusst in seinem NPD-Amt zu lassen. Denn sonst würden „die Dienste erneut verstärkte Unterwanderungsaktionen starten, um den oder die zu ersetzen“.

Das mag auf den Fall Marx zutreffen oder auch nicht. Bislang macht die Parteispitze jedenfalls keine Anstalten, die Redlichkeit eines ihrer wichtigsten Aktiven öffentlich anzuzweifeln. Der Vorstand verhalte sich „abwartend“, sagte Bundesgeschäftsführer Frank Schwerdt gestern der taz. Der Kritiker aus dem Südwesten habe angekündigt, schriftlich die Vorwürfe gegen Marx zu belegen. Der Brief sei bisher nicht eingetroffen. Und gegen „ungedeckte“ Spitzelvorwürfe müsse sich die NPD selbstverständlich wehren.

Auch der saarländische NPD-Chef, Frank Franz, beteuert, bisher gebe es keinen Beweis für die angebliche Affäre. Auffällige Kontobewegungen habe der Schatzmeister nicht gefunden.

Kein Wunder, dass sich angesichts dieses Rückhalts auch der Beschuldigte von den Agentenstories bisher nicht aus der Ruhe bringen lässt. Sein knapper Kommentar: „Was Best erzählt, ist Blödsinn.“

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