Gesundheit: Keine Kopfpauschale

von SABINE AM ORDE

Im Ressort Gesundheit deutet alles darauf hin, dass die alte Ministerin auch die neue ist: Ulla Schmidt (SPD), die während ihrer bislang fünfjährigen Amtszeit bereits mehrmals als gescheitert galt, scheint im Amt zu bleiben. Ihre Befähigung zur großen Koalition hat 56-jährige Rheinländerin bereits 2003 unter Beweis gestellt, als sie gemeinsam mit Horst Seehofer (CSU) die Gesundheitsreform aushandelte.

Dafür muss sich die Ministerin von einer zentralen SPD-Forderung verabschieden, die allerdings für sie selbst nie eine wirkliche Herzensangelegenheit gewesen ist: Die Bürgerversicherung wird es unter einer großen Koalition ebenso wenig geben wie die von der Union favorisierte Kopfpauschale. Radikalmodelle zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung hätten in der großen Koalition keine Chance, hatte Edmund Stoiber, CSU-Chef und erklärter Gegner der Kopfpauschale, bereits vor Tagen kundgetan. Nun muss über einen dritten Weg nachgedacht werden.

Dieser könnte nach Vorstellung der Union darin bestehen, den Arbeitgeberanteil der Krankenkassenbeiträge einzufrieren. Dadurch würden die Gesundheitskosten von den Lohnkosten abgekoppelt – und die bereits ausgehöhlte paritätische Finanzierung der Krankenkassenbeiträge endgültig zu Grabe getragen. Künftig wären für die Kostensteigerung im Gesundheitswesen allein die Versicherten zuständig. Und diese Kostensteigerungen werden kommen, dafür werden schon der medizinische Fortschritt und die längere Lebenserwartung der Bevölkerung sorgen. Die SPD soll intern bereits Zustimmung signalisiert haben, was wiederum die Gewerkschaften auf den Plan ruft. DGB und Ver.di haben Widerstand angekündigt.

Besser gefallen dürfte den Gewerkschaften Schmidts Pläne, die Privilegien der privaten Krankenversicherung, in der rund zehn Prozent der Bundesbürger versichert sind, zu beschränken und den Einfluss der Kassenärztlichen Vereinigungen zurückzudrängen. Hier könnte die Union zustimmen.

Auch in der Pflegeversicherung muss die SPD wohl von der Einführung einer Bürgerversicherung abrücken, denn die ist mit der Union nicht zu machen. Die große Koalition, so hört man, könnte sich auf die Einführung einer kapitalgedeckten Säule einigen. Die Versicherten müssten sich dann für einen bestimmten Anteil zusätzlich privat versichern.

Anders als bei Kranken- und Pflegeversicherung gibt es beim Thema Rente große Übereinstimmungen. Die gesetzliche Altersversorgung, da sind sich SPD und Union einig, soll als Hauptsäule der Versicherung erhalten bleiben. Daneben soll die private und betriebliche Vorsorge gestärkt werden. Das Renteneintrittsalter solle „flexibilisiert“ werden, so hat Schmidt jüngst den Konsens zwischen SPD und Union beschrieben. Eine Heraufsetzung des Renteneintrittsalters solle es aber nicht geben.

Auch für die Rente wird in Zukunft wahrscheinlich Schmidt weiter zuständig sein. Die geplante Trennung der Ressorts Wirtschaft und Arbeit, so hieß es gestern bei der SPD, soll für das Gesundheit- und Sozialministerium keine Konsequenzen haben.