LeserInnenbriefe
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Kein christliches Wertesystem

betr.: „CSU flüchtet in die Krawallrhetorik“, taz vom 9. 9. 16

Ich kann mich noch an die Geschichte in der Bibel erinnern, in der Jesus die Pharisäer aus dem Tempel gejagt hat. In der Jetztzeit hätte er wirklich viel zu tun, ganz besonders in Bayern. Er hätte niemals gesagt „Vorrang für christlich-abendländische Migranten“. Er half besonders denen, welche die Gesellschaft ausgrenzte und verachtete. Seehofer und Gefolge sollten mal überlegen, für welches Wertesystem sie wirklich stehen. Das christliche ist es nicht! Folklore macht nicht den Christen.

Ich beantrage, den Unions-Parteien, besonders der CSU, das C in ihrem Namen abzuerkennen! MANFRED HENNECKE, Olsberg

Unerträgliches Gebrabbel

betr.: „Seehofers Selektionsfantasien“, taz vom 9. 9. 16

Welch unerträgliches Gebrabbel der CSU von der Werteordnung christlicher Prägung und Traditionen im christlich-abendländischen Kulturkreis.

Ehe sie solches Geschwätz verbreitet, sollte sie darüber nachdenken, dass die Kirche im Mittelalter durchaus IS-Standard hatte (Inquisition, Torquemada, Dreißigjähriger Krieg). Das heutige liberal-säkulare Europa haben erst spät die Aufklärer gegen den erbitterten Widerstand der Kirchen geschaffen.

Und dieses Europa achtet die Menschenrechte, ist tolerant und solidarisch. Diese Werte sind würdig, verteidigt zu werden, um jenen Menschen zu helfen, die aus brutalen Kriegen mit unglaublichen Verlusten an der Zivilbevölkerung oder aus großen wirtschaftlichen Nöten als Flüchtlinge zu uns kommen.

GUSTAV MÖLLER, Leer

Gescheiterte Staaten

betr.: „Deutschland wird Deutschland bleiben“, taz vom 8. 9. 16

Deutschland wird Deutschland bleiben, genauso wie die K.-u.-k.-Monarchie, das Osmanische Reich, das Imperium Romanum etc. pp. die K.-u.-k.-Monarchie, das Osmanische Reich, das Imperium Romanum etc. pp. geblieben sind. Die Götter, Kaiser und Vaterländer kommen und gehen, ohne dass sich die sogenannten Patrioten davon abhalten ließen, für diese ins Feld zu ziehen.

98 Jahre nach Ende des Ersten und 71 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs prangt am sogenannten Kriegsklotz in der Hamburger Dammtorstraße immer noch der Spruch „Deutschland muss leben, auch wenn wir sterben müssen“. Paradoxerweise steht dieses Monstrum nur wenige hundert Meter entfernt von der Staatsbibliothek, die nach dem Friedensnobelpreisträger Carl von Ossietzky benannt wurde. So was nennt man Pluralismus. Im Zeitalter der gescheiterten Staaten, oder Neudeutsch „failed states“, schwadronieren diese Herrschaften mal wieder von einem mindestens tausendjährigen deutschen Reich. Man mag gar nicht mehr daran glauben, dass eines Tages einmal das Existenzrecht der Menschen über das Existenzrecht der Staaten gestellt wird. PETER HIMSTEDT, Hamburg

„Alternativloses“ Weiterwursteln

betr.: „Was ist denn da oben los?“, taz vom 8. 9. 16

Dieser von Julia Boek hervorragend herausgearbeitete „Erklärungsversuch“ des hohen AfD-Votums in Mecklenburg- Vorpommern mit den Inseln Rügen und Vorpommern trifft meiner Ansicht nach voll ins Schwarze. Der Artikel sollte für alle verantwortungsvollen PolitikerInnen der übrigen Parteien zur Pflichtlektüre werden, um endlich daraus zu lernen und die notwendigen politischen Konsequenzen zu ziehen. Die Politik in unserem Land muss endlich wieder alle Menschen in Deutschland mitnehmen. Aber ich befürchte hier leider Schlimmes und keine Änderung. Nur ein weiteres Lamentieren über die AfD-Erfolge und das sogenannte Flüchtlingsproblem sowie ein „alternativloses“ Weiterwursteln. Keine Einsicht über das grundsätzliche Versagen der Politik nicht nur in den östlichen Bundesländern seit der Wende. Es wird sich hier wohl nicht wirklich was ändern. Denn: Was gab doch Kanzlerin Merkel jetzt als ihr neues Motto aus? „Deutschland wird Deutschland bleiben.“ Na bravo, sag ich da nur. Oder besser noch: „armes Deutschland“.

GÜNTER KÖHLER, Schwabmünchen

Nun ist es mal gut

betr.: „Gut. So. Punkt“, taz vom 10. 9.16

Danke für das Interview mit Sibylle Lewitscharoff. Den von ihr gewählten Begriff der „Halbwesen“ habe auch ich seinerzeit als zutiefst empörend empfunden. Sie hat sich entschuldigt, nun ist es wirklich mal gut. Ich kaufe ihr diese Entschuldigung jedenfalls ab.

Und an ihrer generellen Meinung zur Reproduktionsmedizin kann ich nichts Empörendes finden, Faschistisches schon gar nicht. Teilen muss man diese Meinung nicht, haben darf man sie, ohne unanständig zu sein.

Ausdrücklichen Dank für ihre Äußerung zum Feminismus des vorigen Jahrhunderts! Ich bin, wie Frau Lewitscharoff, in den 1950er Jahren geboren, habe erst die als schützendes Patriarchat getarnte männliche Diktatur erlebt, dann die der Feministinnen. Beide wollten mir sagen, was ich als Mädchen, dann als Frau zu tun und wie ich zu sein habe. Beide hatte ich nicht darum gebeten, meinen Lebensentwurf in ihre männlichen oder weiblichen Hände zu nehmen. BRIGITTE NEUSCHÄFER, Lindlar