Sex, Drugs & Erziehung

Comic Die Ausstellung „Ink and Pixels“ gibt einen sehenswerten Einblick in die seit 30 Jahren wachsende Comicszene Kenias

Blut und Haartracht lassen an „Pulp Fiction“ denken: Die Comicserie „Home Guard“ Foto: Point Blank Evumbi

von Mirko Stehr

Ohne auch nur ein einziges Wort Kiswahili zu verstehen, wird einem sofort klar, dass man aus diesen Comics etwas lernen soll. Die Reihe „Shujaaz“ erscheint in Kenia als Teil eines multimedialen Projekts, das Jugendliche für Sexualaufklärung, insbesondere Aids, sensibilisieren möchte. Die Geschichten erscheinen mit maximaler Reichweite als kostenlose Zeitungsbeilagen und kommen auch hierzulande sozialisierten LeserInnen sonderbar vertraut vor. Offenbar gibt es so was: Einen universalen Comicstil, den man für besonders geeignet hält, junge Menschen auf die richtige Bahn zu lenken.

Nun hat aber die Ausstellung „Ink & Pixels – die wilde und wundersame Geschichte des kenianischen Comics“ zum Glück noch einiges mehr zu bieten. Das kenianische Goethe-Institut ist damit angetreten, das graphische Erzählen des ostafrikanischen Landes in seiner vollen Bandbreite zu präsentieren. Seit Dienstag ist sie nun auch in Deutschland zu sehen – in der Bremer Stadtbibliothek, auf Einladung des panafrikanischen Vereins und des Bremer Kulturnetzes.

Und diese Bandbreite ist tatsächlich enorm: Seit 30 Jahren wächst die kenianische Szene und hat inzwischen einen enormen Facettenreichtum hervorgebracht. In seinem Geleitwort zur Ausstellung betont dann auch Paul „Maddo“ Kalemba die Diversität der kenianischen Gesellschaft und Comicszene. Das liegt unter anderem auch an den internationalen Einflüssen aus den wichtigen Comicnationen USA, Belgien, Japan – selbst der in Deutschland verhältnismäßig wenig rezipierte finnische Comic hat in Kenia Spuren hinterlassen.

So finden sich an amerikanischen Superheldencomics orientierte Werke von Chief Nyamweya, der die Ausstellung 2015 in Nairobi zusammen mit Kimani wa Wanjiru kuratiert hat, aber auch solche, die eindeutig in der Tradition von Mangas zu verorten sind.

Auch Paul Kalemba war in jenem Bereich aktiv, den Gregor Straube vom Kulturnetz als „Gewalt, Blut, Krimi und Action“ zusammenfasst. Diese Reihe hat Kalemba noch unter eigenem Namen veröffentlicht. Seine wesentlich bekannteren „It’s a Madd Madd World“-Cartoons jedoch unter einem Pseudonym: „Madd“. Die erinnern wohl nicht zufällig an Peter Bagges Arbeiten im Mad-Magazin.

Dass mit Celeste Wamiru nur eine einzige Frau in der Ausstellung zu sehen ist, kann man den Kuratoren nicht anlasten. Schuld ist die kenianische Szene

Etwas schade ist indes, dass mit Celeste Wamiru nur eine einzige Frau unter den Ausgestellten zu finden ist. Das ist allerdings kein Fehler der Kuratoren, sondern der lokalen Szene zu verdanken: Celeste war tatsächlich die erste und einzige redaktionelle Karikaturistin Ostafrikas, als sie Anfang des Jahrtausends vom Kinderbuch zur politischen Karikatur wechselte.

Politik, Erziehung, Geschichte – und zuletzt Unterhaltung hat der kenianische Comic zu bieten. Wie die im Noir-Stil gehaltenen, düsteren Geschichten der Reihe „Home Guard“ von Point Black Evumbi. Die an „Pulp Fiction“ erinnernden Storys handeln von zwei Cops und ihrem Kampf gegen das organisierte Verbrechen. Emmanuel Oluoch, der sich hinter dem Pseudonym Point Black Evumbi verbirgt, gehört zu den etabliertesten der gezeigten Künstler. Er war unter anderem Dozent für Animation am Shang Tao Media Arts College in Nairobi und ist der Hauptillustrator der einer nach ihm benannten Produktionsfirma.

Insgesamt jedenfalls ist „Ink & Pixels“ eine außerordentlich vielseitige Schau – und das nicht nur gemessen am doch eher überschaubaren Ausstellungsraum im Flur der Bibliothek.

Ausstellung: „Ink & Pixels“, bis 8. Oktober, Altbau-Ring der Zentralbibliothek