berliner szenen Lost in Prenzlauer Berg

Der Trampelpfad

Ich mache einen Spaziergang vom Prenzlauer Berg aus zu einem Freund, der in der Auerstraße wohnt. Die Auerstraße heißt in den zwei Stadtplänen, die ich von Berlin habe, Auenstraße. Vielleicht ist das einer der Gründe dafür, dass ich mich schon wieder verlaufen habe. Wahrscheinlich hat jeder ein paar Orte in Berlin, an denen er herumirrt – egal wie oft er vorher in den Stadtplan geschaut hat, um den richtigen und schönsten Weg zu finden. Eine dieser verwirrenden Ecken ist für mich das Gebiet zwischen Volkspark Friedrichshain und Frankfurter Allee. Heute versuche ich mich parallel zur Danzigerstraße auf kleineren Straßen durchzuschlagen. Jedes Mal verheddere ich mich auf diesem Parcours und jedes Mal sind andere kleine Straßen, die mir völlig unbekannt vorkommen, am Ende die richtigen.

Ich bin in einer Sackgasse gelandet. Meinem Gefühl nach sollte ich jetzt links abbiegen, aber dort steht nur ein großer Plattenbau. Ich frage zwei ältere Damen auf der anderen Straßenseite, wie ich in die Auenstraße komme. „Auerstraße“, erklärt die etwas jüngere bestimmt, „da kommense einfach mal mit.“ Sie biegt in einen verwucherten Trampelpfad, Büsche und Brennnesseln säumen den Weg. Schweigend laufen wir zu dritt hintereinander her. „Na den Weg hättense nicht gefunden, was?“, sagt die Ältere, ein paar Schritte hinter mir. „Bestimmt nicht“, antworte ich und weiche einem Hundehaufen aus. „Aber nachts würde ich hier nicht gerne langlaufen“, füge ich hinzu. „Früher, zu DDR-Zeiten, sind wir nachts sogar durch den Park gelaufen“, sagt die Jüngere stolz, während sie sich zu mir herumdreht. „Aber da gab es auch noch keine bösen Jungs“, sagt die Ältere. Sie lächelt mich an und sagt: „Oder keine bösen Mädchen.“ MAREIKE BARMEYER