LeserInnenbriefe
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Wieder erreichbar sein

betr.: „Occupy Cyberspace!“, taz vom 1. 9. 16

Der Meinung von Ralf Hutter muss ich voll zustimmen. Nur bleibt mir mangels ausreichendem Wissen über das, was möglich wäre, nur die Möglichkeit mich den sozialen Medien weitestgehend zu entziehen. Das hat mittlerweile zur Folge, dass ich von Treffen selbst meiner engsten Freunde nur zufällig erfahre, da selbst die sich mit einer mir unbegreiflichen Naivität nur noch „im Netz“ bewegen. Laut Hutter scheint doch eine ganze Menge mehr möglich zu sein, ohne den Datenkraken ausgeliefert zu sein. Das könnte doch auch für die taz eine Möglichkeit sein, in unregelmäßiger Folge zu berichten, was es Neues oder überhaupt gibt, sein Smartphone so einzurichten, dass die Vorteile des Netzes genutzt, die Nachteile möglichst vermieden werden können. Und ich eventuell für meine Freunde wieder erreichbar wäre. JOHANNES BENZ, Tauberbischofsheim

„Mansplaining“

betr.: „Sechs Akademiker bejahen die Körperlichkeit“,taz vom 3. 9. 16

Nicht zu fassen: Da schreibt ein alter, weißer Mann über „die weibliche Sexualität“ und bewegt sich damit ganz offenbar in guter alter Tradition einer männlichen Mystifizierung von Weiblichkeit, weiblicher Sexualität, weiblichem Körper, und der Rezensent findet das alles ganz toll. Dabei bringt es doch ein Zitat aus dem Buch ganz eindeutig auf dem Punkt: Ein Mann wendet sich an eine Frau, um ihr zu erzählen, wie das mit ihrem Orgasmus so aussieht. „Mansplaining“ nennt man sowas, schon mal gehört? Ich dachte, wir wären zumindest ein Stückchen darüber hinaus, dass Männer definieren, erklären, festschreiben, was „die Frau“ so ist und macht und ausmacht. SILKE BUSCH, Berlin

Wirklich reisen

betr.: „Geht‘s noch? Schnelligkeit“, taz vom 3. 9. 16

Es tut gut, dass in der Zeitung auch mal die Stimmen derer zu hören sind, die noch wirklich reisen wollen.

Die Deutsche Bahn tut im Augenblick alles, um sich die alte Kundschaft, die die Bahn bisher treu frequentiert hat, auszulöschen. Abschaffen der Autoreisezüge, weil sie hätten saniert werden müssen. Rentiert haben sie sich sicher, denn wann immer wir fuhren, waren die Züge gut besetzt, und das nicht nur von Alten, auch von Familien oder ganzen Gruppen von Motorradfahrern. Abschaffen der Nachtzüge vermutlich aus demselben Grund. Wir hoffen, dass Österreich oder die Schweiz, die vorbildlichen Service (wirklich Service!) bieten, sauber und bequem sind, diese Lücke füllen. Denn es ist eine echte Lücke. Die Schnellstrecken meiden wir, sie sind für Geschäftsreisende mit Handköfferchen gedacht – wenn das die Zukunft der DB ist, na dann danke. IRMELA MESSLING, REINHARD MESSLING, Bonn

Es spart keine Zeit

betr.: „Schnelligkeit“, taz vom 3. 9. 16

Auf der Fahrt von Bonn nach Frankfurt (mit dem IC am Rhein entlang) habe ich diesen Beitrag gelesen und mich sehr gefreut. Da ist einer, dem geht es wie mir: Geschwindigkeit ist nicht alles und … es spart keine Zeit. Die brauche ich hinterher, um mich zu erholen, die Seele nachzuholen, gegebenenfalls auch das Gesundheitssystem belasten. Stehen denn die Kosten (auch für den Bau der Strecke München–Berlin) im Verhältnis? Dafür werden regionale Bahnstrecken „links liegen gelassenen“, die immer mehr verwaisen würden, wären da nicht private Unternehmen, die sich ihrer, das heißt der dort lebenden Bevölkerung annehmen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Strecke von Bonn nach Euskirchen.

Nein, die Tunnelfahrt nehme ich nicht, warum soll ich mir beim Reisen nicht auch das Erlebnis einer zu jeder Jahreszeit immer wieder schönen Reise am Rhein entlang entgehen lassen? Dafür kommen Touristen von weit her.

Übrigens: Zeit lässt sich glücklicherweise nicht sparen, sie läuft, ob wir wollen oder nicht für jede/n von uns am Tag 24 Stunden gleichmäßig ab, aber Prioritäten kann ich setzen. Zum Beispiel beim Ticketkauf. KARIN SCHÜLER, Bonn

Die Gier nach Macht

betr.: „Ohne Atom kein Blackout“, „Bauern lehnen höhere Mehrwertsteuern ab“, taz vom 5. 9. 16

„Was hat die Atomwirtschaft gezetert ... die Versorgungssicherheit wird leiden“ – es kam anders, ganz anders. Die Stromausfälle wurden in Deutschland – trotz des Atomausstiegs – auf einen neuen Minimalwert reduziert, trotz der Angstmache. Viele vernünftige Leute haben das geschafft!

Aktuell klagt der Bauernverband, 19 statt der aktuellen 7 Prozent Steuern auf tierische Lebensmittel hätten keine Lenkungswirkung, und dem Agrarminister rutscht dazu noch der Satz raus, Klimaschutz und Ernährungssicherung dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden.

Etwas haben die beiden Geschichten gemeinsam: das Spiel mit der Angst. Angst ist ein schlechter Ratgeber, hat aber das Potential, die Leute verrückt zu machen. Was sie bei dieser „Aufregung“ – unterstützt durch etliche Medien – leider ignorieren, ist die Gier nach Macht und/oder Profit, die sich dahinter verbirgt. DIETER STOMPE, Erfurt