SOUNDTRACK

„Reitende Leichen und so“ stehen bereits seit Längerem nicht mehr im Zentrum von Kreator, einem der Flagschiffe aus der kleinen Flotte deutscher Thrash-Metal-Bands, die früh den internationalen Durchbruch schafften und seitdem ohne Pause irgendwie immer da waren. Die in den frühen 1980er-Jahren gegründete, mit Punk und Hardcore sozial und emotional eng verbandelte Band aus Essen-Altenessen blickt heute nicht nur auf mittlerweile 13 Studio-Alben, sondern auch auf eine für Metal-Verhältnisse wechselvolle musikalische Geschichte zurück. Sie reicht von den an Bands wie Slayer und Napalm Death orientierten Anfängen, über von den Fans nur wenig goutierte Ausflüge in Industrial, Melodic- und Death-Metal bis zum aus Sicht der Puristen dankenswerten Rückfall in die Nähe des Ur-Sounds, den man vor rund 10 Jahren einläutete. Mit „Phantom Antichrist“ haben die ewig Umtriebigen und selbstverständlich noch Langmähnigen jüngst ein wohlwollend aufgenommenes, erstaunlich melodisches Thrash-Metal-Werk vorgelegt, auf dem die Sozialkritik weiterhin in genreüblicher dystopischer Kleidung steckt. Für wen das nötig ist? Für jeden natürlich, denn „gut gemachten Thrash-Metal kann man eigentlich immer gebrauchen“ (Sänger Mille Petrozza). Fr, 14. 12., 17.45 Uhr, Große Freiheit 36, Große Freiheit 36

Der Witz an der neo-bohemistischen Geste der ganz großen Verweigerung ist: Man weiß gar nicht, wie sie finanziert wird. Die Akteure sind also entweder reich und können sich noch jede Geste leisten oder sie meinen alles nur ironisch oder sie meinen es im Ernst, machen aber praktisch – hinter unserem Rücken! – das Gegenteil. Wie dem auch sei: Mittekill – der Name springt einen etwas zu programmatisch an – sind ein Teil dieser verzwickten Sache. Wer es besonders ideenlos auf den Punkt bringen will, nennt sie wahlweise Styler oder Hipster. Wer eine Ecke weiterdenkt, findet, dass sie das Ganze perfekt parodieren. Wer dann fleißig noch mal um die Ecke denkt, stellt fest, dass sie beides gleichzeitig hinbekommen. Und der Chef der Plattenfirma geht natürlich davon aus, dass man die Band gar nicht dingfest machen kann. Kann man aber dann irgendwie doch, was ja nicht schlimm ist: Im groben Ganzen operiert das Duo mit minimalistischen Beats, auf die wahlweise ganz billige oder ganz süße Melodien und elektronische Tupfer montiert sind. Dazu werden als Refrains Slogans gereicht, die man in der Disco – vielleicht zwischen Der Moderne Mann, Andreas Dorau und HGichT? – gerne mitruft („Ich will eure Jobs nicht“). Der Rest fällt dann mal ernst, mitunter auch absichtsvoll infantil aus. Wenn es demnächst eine schöne Bewegung gibt, die den Verhältnissen so richtig auf der Nase rumzutanzen gedenkt, dann wird sie auf ihrem Party-Mix sicher einen kleinen Platz für die Berliner überhaben und spätestens dann weiß man auch, wie die Sache gemeint ist. Sa, 15. 12., 22 Uhr, Hafenklang, Große Elbstraße 84

Wenn jetzt plötzlich, mitten im Winter, Frühlingsblumen aus der Erde sprießen und ein wenig verträumt dreinschauen, ein lauer Wind den Schnee wegstreichelt, Simon & Garfunkel eine Reunion als Rockband ankündigen, die Welt also weichgezeichnet und duftend aus den Fugen gerät, dann könnte das zum Beispiel an Ravens & Chimes liegen, die in der Stadt sind. Die seit 2005 bestehende New Yorker Band darf sich seit Anbeginn vor allem Vergleiche mit Arcade Fire gefallen lassen. Und tatsächlich findet sich hier eine ähnliche instrumentelle Vielfalt, der bekannte dynamische Wechsel zwischen laut und leise, die Affinität zur Hymne. Ansonsten aber ist es doch weniger das aufgeregte Flirren der Kanadier und mehr ein leichtes Fließen wie bei Fiery Furnaces oder den voll instrumentierten Platten der Mountain Goats, das den schönen Indiepop dieser Band auszeichnet. Sa, 15. 12., 19 Uhr, Prinzenbar, Kastanienallee 11  NILS SCHUHMACHER