LeserInnenbriefe
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Das ist Liebe

betr.: „deinland … unserland“, taz vom 30. 8. 16

Was seid ihr für eine wunderschöne Zeitungsbewegung. Vor Wochen fragtet und beantwortetet auch ihr intensiv, wer einzeln Gewalt ausübt und warum. Wichtig zu fragen. Und doch war es bedrückend, weil es etwas zu bedecken schien. Es ist so einfach, individualistisch zu erklären und gemeinschaftliche Verantwortung bei Einzelnen zu verorten. Und dann kamen wieder andere Stimmen, die von einzelnen „Kranken“ wieder zum Großen schauten, langsam, aber immer mehr. Das lässt mich persönlich wieder weiteratmen.

Und heute veröffentlicht ihr euer Vorhaben in einer Sprache, die wirklich unser aller Demokratie meint, die versucht, wirklich uns alle anzusprechen und sprechen zu lassen. Weil es wirklich um etwas geht. Ihr habt einen Weg gefunden aus der Ohnmacht und ihrer Einzelzuschreibung hin zur Öffnung in den Dialog. Die Inszenierung der „Bösen“, der „Sieger“ und der „Verrückten“ unterbindet nicht mehr das Theater der Unterdrückten. Das ist so sehr Demokratie. Ihr (und andere Verfassungsverwirklicher*innen) seid immer wieder im wahren Sinne ein Medium (Mitte, öffentlicher Weg). Euch gelingt es, offen zu sein in Zeiten, in denen es so leicht ist, sich einseitig zu verschließen oder den Kopf vom Herzen abzukoppeln. Glückwunsch, taz. Das ist Liebe.

MARIO PRIMAVESI, Oldenburg

Schnelle Reaktion

betr.: „Der lange Atem der Freiwilligen“, „Mehr Geduld, weniger Adrenalin“, taz vom 30. 8. 16

Vor einiger Zeit habe ich bei der taz die mangelnde Präsenz der Flüchtlingshelfer und ihrer Arbeit in den Medien beklagt.

Die taz hat schnell reagiert, hat eben den Blick für die Themen der Zeit. Danke für die mittlerweile immer wieder erscheinenden Berichte, heute den Schwerpunkt Seite 5 und den Kommentar von Frau Dribbusch Seite 1. Ich lese sie mit besonderem Interesse.

Die uns als freie Gesellschaft gestellten Aufgaben, den uns anvertrauten Menschen beim Ankommen bei uns zu helfen, werden noch eine ganze Zeitlang bleiben. Sie werden uns fordern, zu Diskussionen führen und auch Mängel aufzeigen. So ist das in einer sich wandelnden Gemeinschaft und das ist auch gut so.

Der Blick über den eigenen Tellerrand hat schon immer bereichert, so wird es auch bei uns sein.

SIBYLLA M. NACHBAUER, Erlangen

„Schwarze Null“: pfui!

betr.: „Mehr Geduld, weniger Adrenalin“, taz vom 30. 8. 16

Freiwilligenarbeit ist in anderen gesellschaftlichen Bereichen schon seit Jahren ein realer Ersatz für öffentliche Hilfen: Die Tafeln bieten verbilligte Lebensmittel kurz vor dem Verfallsdatum an, und Flohmärkte sowie Sozialkaufhäuser sind für Langfristanschaffungen auf Gebrauchtwarenbasis wie Möbel, Bekleidung, Bücher, CDs etc. unentbehrlich geworden, weil der Staat die Regelsätze für Leistungsbezieher des SGB II und SGB XII partout nicht auf real armutsfestes Niveau anheben will.

In den meisten Krankenhäusern und Pflegeheimen heißt es seitens des angestellten Personals nur noch „satt und sauber“, für die Befriedigung seelisch-geistiger Bedürfnisse und die weitere Ausgestaltung des Tages sind vielfach Ehrenamtliche zuständig – wenn es sie denn vor Ort überhaupt in ausreichender Zahl gibt.

Aufklärung von Leistungsbeziehern, auch potenziell berechtigten, in Sozialbehörden nicht nur über ihre Pflichten, sondern auch über ihre Rechte: Fehlanzeige.

Ohne ehrenamtliche Beratung und Ämterbegleitung von Betroffenen seitens der Gewerkschaften, Arbeitslosen- und Sozialverbände etc. läuft da nichts.

Kein Wunder, dass sich der Staat nun auch in der Flüchtlingsbetreuung darauf verlässt, dass Ehrenamtliche es schon richten werden – zumal sie dies ja bisher trotz zunehmend rechtsradikaler Tendenzen in unserer Gesellschaft unerwartet gut hinbekommen haben. Womit die äußerst fragwürdige „Schwarze Null“ von Herrn Schäuble schon wieder gerettet ist: pfui!

ELGIN FISCHBACH, Leimen

Auswirkungen der Wende

betr.: „Prora. Die können machen, was sie wollen“,taz vom 30. 8. 16

Vor etlichen Jahren war ich mit einer Gewerkschaftsgruppe auf Rügen. Wir kamen mit vielen Menschen aus unterschiedlichen Bereichen in Kontakt und waren oft ziemlich betroffen über die Auswirkungen der „Wende“ auf das Leben der Rüganer. Eine Bemerkung des damaligen Stadtbaumeisters von Binz ist mir bis heute im Gedächtnis geblieben, der meinte, dass „westdeutsches Geld“ und „ostdeutsche Seilschaften“ nach der Wende viele unheilvolle Verbindungen eingegangen seien, zum Schaden der einheimischen Wirtschaft und der Bevölkerung.

Scheint sich nichts zum Besseren ge„wende“t zu haben.

MARIA TRIESETHAU, Brensbach