LeserInnenbriefe
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Liste für den Notfall

betr.: Atomunfall? Immer mit der Ruhe“, taz vom 27. 8. 16

Pläne zur Evakuierung der Bevölkerung in 10 oder 20 Kilometer Umkreis von Atomanlagen, Kontingente von Jodtabletten: alles schön und gut. Aber wo sind unsere Liquidatoren, die Pumpen installieren, Lecks abdichten oder gegebenenfalls einen Sarkophag errichten? In Tschernobyl waren 800.000 Liquidatoren im Einsatz. In Fukushima waren mindestens 20.000 Menschen einer extrem hohen Strahlenbelastung ausgesetzt. Ich meine, ein funktionierender Notfallplan sollte auch bei uns für jede kerntechnische Anlage eine entsprechende Liste mit Namen von Menschen vorliegen, die bei einem Störfall sofort als „Liquidator“ zur Verfügung stehen. Leitungspersonal solcher Anlagen, Politiker, die den Betrieb dieser Anlagen fordern, Management, Aufsichtsräte und Eigentümer von Firmen, die am Kraftwerksbau oder am Betrieb von Kraftwerken Geld verdienen, und nicht zuletzt Hochschulprofessoren, die Risiken für beherrschbar erklären, und alle, die sich in Gremien oder Lobbyverbänden für die Kernkraft stark machen, müssten sich automatisch für so eine Liste aufstellen lassen. Natürlich benötigen diese Menschen auch eine Art Grundwehrdienst für Liquidatoren. Die Ausbildung könnte derzeit bei der Räumung der Asse oder dem Rückbau stillgelegter Anlagen erfolgen.

HORST BÖTINGER-THYSSEN, Konstanz

Verirrte Entschlossenheit

betr.: „Freiheit ist die Freiheit des Andersbekleideten“,taz vom 25. 8. 16

Das Bild: Drei, vier uniformierte, bewaffnete Männer zwingen eine muslimische Frau im Trubel am Strand, Kleidung abzulegen. Das Bild würde auf die Titelseite von Charlie Hebdo passen. Dachten die islamistischen Terroristen etwa, dass wir gezeichnete Karikaturen nicht mehr bräuchten, weil es genügend Leute gibt, die real die bessere Selbstkarikatur der Verteidigung der westlichen Freiheit hergeben? Viel Aufregung und wenig Empörung, meinte mit beklommener Stimme Petra Gerster in der „heute“-Sendung vor dem Hintergrund dieses Fotos. Ein einfacher Platzverweis hat den Sittenwächtern nicht gereicht? Habt wenigstens ihr recherchiert, ob jemand in dem Moment am Strand dagegen protestiert hat, wozu die Frau gezwungen wurde?! Abhandlungen über das Burkini-Verbot gibt es zuhauf. Und die Art und Weise seiner Durchsetzung? Der Entblößungszwang entblößt eine dunkle mentale Seite der verirrten Entschlossenheit mancher Retter des Abendlandes.

HELMUT BREUNIG, Osterode

Männerwissen

betr.: „Freiheit ist die Freiheit des Andersbekleideten“, taz vom 25. 8. 16

Es ist noch gar nicht so lange her, dass barbusig sich sonnende frauen an frankreichs stränden aufgefordert wurden, sich zu bedecken. damals wie heute wissen männer, was richtig ist. damals wie heute sind die gründe irgendwie nebulös. oder kam der lkw-terrorist im vollschleier daher? RUTH ALEX, Stuttgart

Übler Nachgeschmack bleibt

betr.: „Ist die Solidarisierung mit Gina-Lisa Lohfink richtig?“,taz vom 24. 8. 16

Beide KommentatorInnen haben irgendwie recht … aber ich finde es schwer, was zu dem Fall zu sagen, obwohl es viel zu sagen gäbe. Auch ein juristisches Urteil kann da keine Klarheit bringen, wie man sieht.

Ein übler Nachgeschmack bleibt. Lohfink ist wohl vor allem ein Opfer ihrer selbst geworden. Und sicherlich in diesem Prozess in jeder Hinsicht schlecht beraten gewesen. Aber dass die beiden anderen Beteiligten, die auch Täter sind, so einfach davonkommen, ist eigentlich ein Skandal. Mit so einer kann man es ja machen. Die dahinterstehende Missbrauchs- und Ausbeutermentalität, gepaart mit krasser Frauenverachtung, tut weh.

ILONA HORN, Marburg

Erfrischende Glosse

betr.: „Wenn Wasser fließt, fließt Hayat“, taz vom 26. 8. 16

Sehr erfrischend, die Glosse von Hengameh Yaghoobifarah! Schon als kleines Kind grübelte ich über die eindringlichen Mahnungen, dass die Hände zu waschen seien, vom Po aber entsprechend nie die Rede war. Das kam mir unlogisch und ungereimt vor, auch wenn dies selbstredend nicht die einzigen Kollisionen meiner armen Kinderseele mit der Welt waren. Als Jugendlicher lernte ich dann in Frankreich und Italien Bidets kennen und schätzte diesen mir neuen Luxus sehr.

Die Verwunderung aber, warum wir, die angeblich so reinlichen Deutschen, uns diesen Komfort nicht gönnen, blieb (und hält bis heute an). Selbst in den besten 5-Sterne-Hotels in Deutschland finden sich keine Bidets oder entsprechende Alternativen, wie wir sie fast überall in Asien oder den arabischen Ländern finden.

Salman Rushdie lässt in einem seiner schönen Romane eine indische Mutter, deren Sohn zum Studium nach England geht, ermahnen: „Halte dich von den Engländern fern! Sie sind schmutzig. Stell dir vor, sie reinigen sich den Allerwertesten nur mit Papier.“ Also, ihr Aftabeh-Missionarinnen, frisch ans Werk. Es ist noch viel zu tun! WERNER PELS LEUSDEN, Wetter