betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Esther Slevogt

Alles fließt. Das wussten vor 2.500 Jahren die alten Griechen schon. Auch wir können im Fluss der Zeit nicht dieselben bleiben. Doch wer werden wir sein? „Flow/Wasser“ heißt ein neues Stück der Schweizer Theaterformation 400 Asa um den Autor und Regisseur Samuel Schwarz, das ab Freitag in den Sophiensaelen zu sehen ist. Ausgangspunkt ist das „Cloudbuster“-Projekt des Berliner Künstlers Christoph Keller, der vor zehn Jahren auf der Basis von Experimenten Wilhelm Reichs mit Orgonenenergie die Atmosphäre beeinflussen und künstlichen Regen herbeizuführen versuchte. Entstanden ist daraus ein mehrmediales Stück, das von der Auflösung der Genregrenzen in den Künsten ebenso erzählt wie von der Sehnsucht nach einer Auflösung des Ichs.

Enorme Auflösungserfahrungen haben die Menschen gemacht, die bis 1990 östlich des Eisernen Vorhangs lebten. Der ist zwar schon lange keine reale Größe mehr, aber immer noch eine imaginäre. Zumal in Ländern wie Ungarn und Rumänien heute beunruhigend instabile Verhältnisse herrschen, die ihre Ursachen auch in den Verlusterfahrung dieser Gesellschaften haben. Das HAU hat gemeinsam mit dem Rumänischen Kulturinstitut ein Festival („Many Years After“, 13.–16. 12. 2012) organisiert, das der schwierigen Suche nach der Identität und den Spuren der Geschichte in der rumänischen Gegenwart gewidmet ist. Neue Arbeiten der bekannten Dramatikerinnen Gianina Carbunariu („Y km von Y km“ )und Nicoleta Esinencu („Clear History“) stehen ebenso auf dem Programm wie eine Gemeinschaftsarbeit des Komponisten Vlaicu Golcea und des Tänzers und Choreografen Sergiu Matis („Duett“). Das Performance-Duo Alexandra Pirci und Andrei Dino beschäftigt sich in einem denkwürdigen Projekt mit der Erfahrung von Prekarisierung und Armut („Globale Exotik“). (Alle infos: www.hebbel-am-ufer.de)

Dass alle politische Veränderung immer nur zu neuer Deformation führt, das hat William Shakespeare in seiner ewig gültigen Tragödie „Coriolanus“ vorgeführt. Der Name des Titelhelden ist in der Geschichte vor allem deshalb überliefert, weil sein starrsinniger Machthunger vor zweieinhalb Jahrtausenden den Aufstand der Ärmsten in Rom, der Plebejer, ausgelöst hat: ein politischer Führer, der Krieg gegen das eigene Volk führen ließ. In Ägypten inszeniert zurzeit Präsident Mohammed Mursi den Stoff auf den Straßen und Plätzen Kairos. Am Deutschen Theater in der Schumannstraße hat der Regisseur Rafael Sanchez sich mit Shakespeares Original befasst. (Premiere Donnerstag)

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