Was Ausstellungsmacher tun, um auf der Suche nach dem Zielpublikum Interesse zu wecken: Die Kunst des Titels
Hamburger Kunsträume
von Hajo Schiff
Was treibt die Menschen in die Galerien? Wenn es nicht das Vernissagen-Getränk ist oder das Gespräch mit Freunden, muss es wohl die Kunst sein. Doch die Auswahl fällt oft nicht leicht. Es gibt darüber keine Untersuchungen, aber ein fetziger Ausstellungstitel mag das Interesse wecken. „Zufall“, „3 Positionen“ oder „Summer Collection“ zählen sicher nicht dazu. „I want you all stripped“ oder „Prozessive Sophrosyne“ dagegen schon eher.
Letztere prozesshafte Gelassenheit demonstriert Dodo Adden dieses Wochenende im Frappant mit Malerei, Objekten und Performance. Ziemlich gut als Titel ist „Sämtliche Schaltpläne vom Rest der Welt“, aber Simon Hehemanns so betitelte Ausstellung bei Feinkunst Krüger beginnt erst am 10. September. Falls die Welt dann noch steht. Denn für die Street-Art Galerie „Affenfaust“ plante Fabian Wolf : „This ist the way the world ends.“ Aber die Apokalypse wurde vertagt und die Ausstellung abgesagt. Also noch einmal Glück gehabt.
So kann man ruhig noch einmal in „Bühnenwelten-Scheinwelten“ eintauchen, eine Gruppenausstellung von über 65 Künstlerinnen und Künstlern, Musikern, Performern und Filmern und gar einem Zauberer, die mit sonntäglichen Veranstaltungen bis zum 11. September im Künstlerhaus Sootbörn in Niendorf stattfindet.
Zwar ist die Kunst stets eine Bühne und versorgt mit schönem Schein, doch der mit Flugzeugformen spielende, um seine Obergeschosse reduzierte Bauhaus-Bau von 1929 mit seinen breiten oder auch sinnlos endenden Treppen bietet eine besonders theatralische Kulisse für die Befragung der Realitäten. Mit Götterbäumen und Geistermalgruppe, einer Ameisen-Löwen-Falle, Skulpturen und Klangkörpern wird der Garten dabei zur Spielfläche der Kunst.
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