LeserInnenbriefe
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Unkleidsame Stofflagen

betr.: „Islamischer Feminismus: Die Arbeit im Stillen“, taz vom 20./21. 8. 16

Lange dichte, unkleidsam schwarz gehaltene Stofflagen überzustülpen, umzuwickeln und drüberzuhängen, und der Versuch, sich so unsichtbar in der Öffentlichkeit zu machen durch eine totale Verschleierung, hat heutzutage etwas Obsessives. Diese Verhüllungstradition ist uralt und vorislamisch. Auch Jemenitinnen jüdischen Glaubens tragen oft solch eine Art von VerKleidung.

Sie schränkt die Bewegungsfreiheit ein und frei atmen kann frau auch nicht darunter. Im Restaurant ist eine gesichtsverschleierte Frau damit beschäftigt, bei jedem Bissen, den sie in den Mund nehmen will, den Vorhang leicht anzuheben und Gabel oder Löffel vorsichtig darunter Richtung Mund zu schaukeln, ohne irgendetwas fallen zu lassen, oder den Stoff zu beschmutzen. Der Ausdruck „Stoffkäfig“, wie ihn Ulrich Schulte neulich in der taz benutzt hat, trifft es recht gut. Von daher finde ich die Illustration im Artikel „Die Arbeit im Stillen“ auch nicht stimmig. Eine gesichtsverschleierte Frau ballt ihre – huch – nackten Hände zu Fäusten, obwohl sie normalerweise zu solch einem Outfit auch noch Handschuhe trägt. Zu Tatendrang regt eine solche Kleiderordnung aber wohl eher nicht an. Manuela Kunkel,Stuttgart

Blamage für die Republik

betr.: „Kulturkampf gegen Arme“, taz vom 25. 8. 16

Was für eine Blamage für die Republik! Das Volk, welches 1789 für Liberté, Égalité, Fraternité aufgestanden ist, verrät seine eigenen Ideale und lässt sich von den ewig gestrigen Rassisten an der Nase herumführen. Die staatlichen Organe sollten aufhören, Erbsen zu zählen, sondern endlich durch Aufklärung sowie nachhaltige soziale Maßnahmen die benachteiligten Bevölkerungsschichten aus Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit herausholen. Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht. Muslime sind auch Menschen und sollten nicht in ihrer Gesamtheit in die Terroristenschublade gesteckt werden. Dies würde nur zu noch mehr Konfrontationen führen. CLAUS KRETZSCHMAR, Itzehoe

Schutz des Wohlstandsghettos

betr.: Bundeswehranzeigen in der taz

Endlich kommt die taz-Redaktion ihrer nationalen Verantwortung nach. An die „Olympischen Friedensspiele“ glaube ich ja schon länger nicht mehr. So ist es gut, dass schießwütige Frauen auch das Olympia-Bild der taz prägen. So kann unsere Friedensarmee nicht nur unser Wohlstandsghetto (Kermani) mit Mauer, Stacheldraht und Schießbefehl schützen, sondern auch mit unserem NATO-Partner Türkei syrische Flüchtlinge an der Grenze aufhalten und mit unserem NATO-Partner USA in der gemeinsamen Wertegemeinschaft nach Kosovo, Afghanistan, Irak, Libyen der gestiegenen Verantwortung gerecht werden und in der Welt für Ordnung sorgen.

Auf Seite 3 der taz vom 20. 8. ist ein erschütternder Artikel mit einem grausigen Foto von einem Kind aus Aleppo – und auf Seite 5 wieder eine Bundeswehranzeige, wie dort „Vorbilder“ ausgebildet werden. Hat die Bundeswehr so gut bezahlt für die Anzeige, dass es sich auch für die taz finanziell gelohnt hat – oder war dies gar eine Spende zum Dank für die moralische und mediale Unterstützung? Schämt euch! Jürgen Crummenerl, Köln

Schönes Gehege, genug Futter

betr.: „,Wonneproppen‘ kommt nach Südafrika“, taz v. 25. 8. 16

Tja. Da geht es den verwahrlosten Tieren aus Gaza besser als den gut 1,5 Millionen Zweibeinern, die dort leben. Immerhin kommen sie in schönere Gehege, bekommen ausreichend Futter und auch an interessiertem Publikum wird es nicht fehlen. Manchmal sind die kleinen Nachrichtentexte auf Seite 10 oder anderswo die eigentlichen Schlagzeilen! Hildegard Meier, Köln
Eine Frau, zwei Männer

betr.: „Akzeptanz von Polygamie“, taz vom 23. 8. 16

Und Polygamie in dem Sinne, dass eine Frau mit zwei Männern verheiratet ist? Ich könnte mit vorstellen, dass Hamza Piccardo ziemlich verblüfft wäre. LISA HERRIG, Köln

Ceta, ein trojanisches Pferd

betr.: „Gegen Ceta und TTIP in den Wahlkampf“, taz v. 23. 8. 16

Den Darlegungen eurer dankenswerten Sonderseite muss unbedingt weiteres hinzugefügt werden: Ceta sollte nach Zusage der zuständigen EU-Kommissarin Cecilia Malmström wie auch Sigmar Gabriels erst dann in Kraft treten, wenn es von allen EU-Mitgliedstaaten ratifiziert wurde. Doch per juristischer Hintertür der „vorläufigen Anwendung“ ist eine Inkraftsetzung ohne Parlamentsvotum schon Ende 2016 zu erwarten. Für einen in Aussicht gestellten späteren Ratifizierungsprozess existiert allerdings keinerlei Zeitlimit! Mit diesem Trojanischen Pferd würden bereits weitreichende Fakten geschaffen, auch gegen den Willen einzelner Länder.

Euer Seitenblick auf das diesbezüglich zunehmend deutliche Rumoren in der SPD ist ebenso wichtig wie vielsagend. Auch wenn sich an der Parteibasis kaum nennenswerter, eindeutiger Widerstand gegen Ceta & Co. regte, so haben der massenhafte, auch EU-weite Zulauf zum Protestbündnis gegen die Freihandelsabkommen, die Veröffentlichung immer weiterer Verhandlungsdetails sowie wohl auch wahltaktische Überlegungen zu zunehmendem Umdenken wohl auch in der NRW-SPD geführt.

HELGA SCHULZE-KÄMPER, Bielefeld