Berlin sitzt wieder mit am Tariftisch

GEHÄLTER Nach achtzehn Jahren kehrt das Land in die Tarifgemeinschaft der Bundesländer zurück. Eine Angleichung der Gehälter für Beamte soll es aber nicht geben. Grüne fordern auch für sie mehr Geld

„Alle Parteien haben versprochen, das Besoldungsniveau anzupassen“

STEFANIE REMLINGER, DIE GRÜNEN

Berlin kann wieder mitverhandeln, wenn es ab Januar um höhere Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst geht. Per Unterschrift von Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) reiht sich das Land nach achtzehnjähriger Absenz wieder in die Tarifgemeinschaft deutscher Länder ein, in der praktisch alle Bundesländer vertreten sind. Nach der Rückkehr von Berlin ist nur noch Hessen nicht tarifgebunden. Der Beitritt betrifft alle Angestellten des Landes, nicht aber die Beamten, die rund 60 Prozent der 105.000 Stellen im öffentlichen Dienst ausmachen.

Ungeplante Auswirkungen auf den Berliner Landeshaushalt hat der Beitritt zur Tarifgemeinschaft vorerst nicht. Denn bereits 2010 hatten die Senatsverwaltungen für Finanzen und Inneres mit den Gewerkschaften vereinbart, die Löhne und Gehälter der Angestellten bis 2017 wieder auf das Niveau anderer Bundesländer zu heben. Das geschieht, indem der Senat die Tarifabschlüsse übernimmt und noch etwas obendrauf packt. Möglich wurde das durch Einsparungen an anderer Stelle und höhere Einnahmen. Insofern hatte sich das Land de facto bereits tariflich gebunden – konnte bei der Tarifgestaltung aber nicht mitreden. Der Finanzsenator sieht im Beitritt auch ein Signal an die Beschäftigten.

Den Beschäftigten auf Jahre weniger zu zahlen als ihren Kollegen anderswo in Deutschland (zurzeit liegt Berlin bei 97 Prozent der Tarifgemeinschaftsländer) gehörte zum sogenannten Solidarpakt zwischen Land und Gewerkschaften von 2003. Er war ein wichtiger Pfeiler der Haushaltssanierung, die mit Rot-Rot 2002 begann.

Diese Bewegung nach unten stand in starkem Gegensatz zu jener Entscheidung, die 1994 zum Ausschluss Berlins aus der Tarifgemeinschaft geführt hatte: Damals entschied der Senat unter Eberhard Diepgen (CDU) gegen den Widerstand anderer Länder, West- und Ostgehälter binnen zwei Jahren anzugleichen.

Sämtliche Vertragsparteien sprachen bei der Unterzeichnung am Dienstag von schwierigen Verhandlungen in den vergangenen zwölf Monaten. Die Gewerkschaften sahen im Beitritt unterm Strich immerhin ein Signal für Flächentarifverträge.

Die Beamten, deren Bezüge nicht in Tarifverhandlungen, sondern per Gesetz festgelegt werden, sind von der Angleichung ausgenommen. Nußbaum mag den künftigen Tarifabschluss nicht auf sie übertragen. „Das werden wir mit Sicherheit nicht machen“, sagte er der taz. Die Grünen kritisierten das. Sie begrüßt zwar die Rückkehr in die Tarifgemeinschaft, will aber auch eine Anpassung für die Beamten. „Alle Parteien haben versprochen, das Besoldungsniveau anzupassen“, so die Abgeordneten Stefanie Remlinger und Benedikt Lux. „Wir sind es den Beschäftigten schuldig, dieses Versprechen einzuhalten.“

STEFAN ALBERTI