Hohle Phrasen

Wahlkampf Stabhochspringerin Jelena Issinbajewa reist nach Rio de Janeiro. Sie will in die Athletenkommission des IOC gewählt werden und nicht nur dort für die totale Rehabilitation des russischen Sports kämpfen

Frühstück mit IOC-Chef Thomas Bach: Jelena Issinbajewa repräsentiert gern Foto: Pascal Le Segretain/getty

von Andreas Rüttenauer

Sonntag will Jelena Issinbajewa in Rio sein. Die Stabhochspringerin, die zweimal olympisches Gold gewonnen hat, darf nicht um eine Medaille kämpfen. Wie alle russischen Leichtathletinnen – bis auf eine Weitspringerin – ist sie von den Spielen ausgeschlossen. Das IOC hat sie dennoch mit einer Akkreditierung ausgestattet. Issinbajewa darf im olympischen Dorf für sich Werbung machen. Als eine von 24 Kandidatinnen kämpft sie um einen Platz in der Athletenkommission des Internationalen Olympischen Komitees.

Bis zum 17. August können die Sportler ihre Stimme abgeben. Danach werden die Wahlkabinen, die sich am Eingang zum großen Speisesaal im olympischen Dorf befinden, abgebaut und es wird ausgezählt. Die vier Kandidatinnen mit den meisten Stimmen können danach ihren Sitz in der Athletenkommission einnehmen. Das ist ein beratendes Zwölf-Personen-Gremium, für dessen Vorsitzende ein Platz in der Exekutive reserviert ist. Bei allen Sommerspielen werden vier Mitglieder neu gewählt, bei Winterspielen zwei. Normalerweise findet die Wahl, an der sich bei den Spielen in London gut 60 Prozent der Olympioniken beteiligt haben, wenig Beachtung. Diesmal ist das anders. Der Grund: Jelena Issinbajewa.

Sie ist eine der erklärten Lieblingsathletinnen des russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin. Der wird sich gefreut haben, als die Weltrekordlerin, bei der WM in Moskau 2013 auf die Anti-LGBT-Gesetzgebung in Russland angesprochen, achselzuckend meinte, so seien nun die Gesetze. Und als Bürgermeisterin des olympischen Dorfs von Sotschi 2014 tat sie alles dafür, dass die Interessen Homosexueller nicht thematisiert wurden. Nun tritt sie als Repräsentantin der russischen Leichtathletik an, in der das systematische Doping auf die Spitze getrieben worden war und die deshalb vom Internationalen Leichtathletikverband mit einem Bann versehen worden ist. Nicht wenige halten die Kandidatur für geschmacklos und finden wie Michael Vesper, der CEO des Deutschen Olympischen Sportbundes, den Russen stünde mehr Demut gut zu Gesicht.

Issinbajewa jedoch ist alles andere als demütig und fragt immer wieder, ob es da draußen in der Welt des organisierten Sports irgendjemanden gebe, der ihr erklären könne, warum der mehrfach des Dopings überführte US-Sprinter Justin Gatlin in Rio starten dürfe, sie als nie positiv getestete Athletin jedoch nicht. Ihr Hauptziel ist die Rehabilitierung des russischen Sports. Für die will sie sich auch als Präsidentin des russischen Leichtathletikverbands einsetzen. Ihre Kandidatur für das Amt hat sie am Donnerstag auf der Website des Verbands angekündigt.

Für eine Veränderung des Sports steht sie gewiss nicht. Viel Gegenwind bekommt sie von den anderen Kandidaten aber auch nicht. Der Wahlkampf ist lau. Das liegt gewiss auch an den Regeln des IOC, die eine allzu klare sportpolitische Positionierung vor der Wahl verbieten. Einzig der japanische Kandidat, Koji Murofushi, Hammerwurf­olympiasieger von 2004, hat sich ein wenig aus dem Fenster gelehnt, als er sich explizit für den Ausschluss der russischen Leichtathleten von den Spielen in Rio eingesetzt hat.

Ansonsten beschränkt sich der Wahlkampf auf hohle Formeln. Issinbajewa sagt, sie habe schon immer von diesem Posten geträumt, weil man so eine Brücke zwischen Sportlern und Funktionären schlagen könne. Solche Sätze sagt auch die deutsche Fechterin Britta Heidemann, die ebenfalls auf Stimmenfang im olympischen Dorf unterwegs ist. Wofür sie sich sonst noch einsetzten will, verriet die der ARD. Oft stünden zu wenig Busse bereit, um die Athleten an die Wettkampfstätten zu bringen. Da bestehe Handlungsbedarf.