Kritik an Moschee-Verband: Ditib fühlt sich stigmatisiert

Islam Funktionäre wehren sich gegen den Vorwurf, von der Regierung in Ankara gelenkt zu werden

BERLIN taz | Der deutsch-tür­kische Moschee-Dachverband Ditib wehrt sich mit harschen Worten gegen Kritik aus Politik und Medien. „Unsere Gemeinden und jedes einzelne ihrer Mitglieder werden quasi zu fremdstaatlichen Gefährdern markiert. Eine solche ausgrenzende und diffamierende Stigmatisierung kennt man sonst nur von antidemokratischen, rechts­extremen Gruppierungen“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Landesverbände und des Bundesvorstands.

Den Funktionären zufolge fühlen sich Gemeindemit­glieder „falsch verstanden, falsch wahrgenommen und unfairen Vorwürfen ausgesetzt“. Konkret wehrt sich der Verband gegen den Vorwurf „der politischen Agitation“ und „der politischen Einflussnahme aus der Türkei“.

Ditib (ausgeschrieben: Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion) vertritt nach eigenen Angaben über 70 Prozent der Muslime in Deutschland. Nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei starteten Bundes- und Landespolitiker eine Kontroverse über die Abhängigkeit des Verbands von der Regierung in Ankara. Ditib ist eng mit der türkischen Religionsbehörde Diyanet verbunden, viele der Imame sind aus der Türkei entsandte Beamte.

In der Woche nach dem Putschversuch verschickte der Verband eine zentrale Predigt an seine Gemeinden. „Wir sind Zeuge davon geworden, dass durch die Hand von internen und externen Bösen ein Putschversuch gegen die Unabhängigkeit unseres Volkes und der Demokratie unseres Landes unternommen wurde“, heißt es darin. Der Putsch sei Ergebnis von „seit vierzig Jahren gesäten Körnern der Aufwiegelei“. Die Putschisten würden vom Volk „immer verurteilt werden“.

Der Grünen-Politiker Volker Beck sprach daraufhin von einem „nationalistischen politischen Machwerk“ und mahnte mehr Vorsicht bei Kooperationen deutscher Behörden mit Ditib an. Unions-Fraktionschef Volker Kauder sprach sich dagegen aus, den Verband in die Gestaltung des islamischen Religionsunterrichts in Schulen einzubeziehen.

Einzelne Bundesländer debattieren nun über konkrete Konsequenzen. Rheinland-Pfalz hat Gespräche über Religionsunterricht mit Ditib und anderen Islamverbänden ausgesetzt. In Niedersachsen stieg die CDU aus Verhandlungen über einen Staatsvertrag mit Islamverbänden aus. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) plädierte dafür, die Gespräche „in Seelenruhe“ fortzusetzen. Tobias Schulze

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