piwik no script img

US-Wahlkampf und LieferservicesLieferpizza wegen Wahlkampf-TV?

Amerikaner gehen nicht mehr essen, sondern nutzen Lieferservice. Schuld ist der US-Wahlkampf. Sagt ein amerikanischer Aktienhändler.

Präsidentschaftskandidaten-Pizza: in Italien hat man Pizza und Politik schon letztes Jahr verbunden Foto: imago/xinhua

Berlin taz | Es gibt Tage, an denen hat man einfach keine Lust das Haus zu verlassen. Stattdessen schlägt man sich auf der heimischen Couch den Bauch voll – mit Pizza vom Lieferservice. Der US-amerikanische Aktienhändler Chris O’Cull will jetzt herausgefunden haben, warum dieses Verhalten bei Amerikanern in den vergangenen Wochen zugenommen hat.

O'Cull ist Aktienhändler der amerikanischen Finanzdienstleistungsfirma KeyBanc und auf Restaurant-Aktien spezialisiert. In einem Hinweis an Investoren empfiehlt er ihnen, besonders in Pizzaservices zu investieren, denn diese hätten zurzeit einen hohen Kundenandrang.

Ganz im Gegensatz zu normalen Restaurants, die in den vergangenen Wochen bis zu fünf Prozent an Kunden verloren haben. Den Hauptgrund sieht O'Cull nicht etwa in schlechtem Wetter, was Restaurantbesitzern normalerweise Einbußen beschert, sondern in der „politischen Ungewissheit“. Und die wird wohl bis zu den Wahlen im November anhalten.

In Deutschland ist es nicht ganz so einfach. Nach Angaben des Onlineportals Statista sind Bequemlichkeit und Zeitmangel für Deutsche die Hauptgründe Essen zu bestellen. Dass politische Ungewissheiten wegen eines Wahlkampfs dafür verantwortlich sein soll, ist hier schwer vorstellbar.

Zuhause bleiben, um Wahlkampf-TV zu gucken

In einem Interview mit dem Fernsehsender ABC News erklärt O'Cull näher, was er als Hintergründe vermutet. Es ginge nicht darum, dass die Menschen „Angst haben auszugehen oder sich unwohl fühlen, wenn sie mit Menschen sprechen, die andere politische Sichtweisen haben“, sondern um das „große Interesse an politischen Veranstaltungen, die im Fernsehen ausgestrahlt werden“.

Wenn das so ist, dann wäre das für Restaurantbesitzer zwar ein schlechtes, insgesamt aber ein gutes Zeichen. Denn das würde bedeuten, dass das politische Interesse der Amerikaner in den letzten Wochen gewachsen ist. Beweise hat Chris O'Cull dafür aber nicht. Seine Einschätzungen bauen auf subjektive Erfahrungen und Beobachtungen. Er habe mit Menschen aus dem Business gesprochen, nicht aber mit Nutzern von Bestellservices oder Restaurantbesuchern selbst.

Was steck also dahinter: Politisches Interesse? Oder doch nur Bequemlichkeit? Oder gar nichts? Das wird sich nach der Wahl herausstellen. Und eigentlich geht der Trend noch ganz woanders hin: Denn auch in den USA lassen sich immer mehr Menschen nicht mehr fertiges Essen, sondern einzelne Zutaten liefern. Und die verkocht man natürlich nicht etwa im Restaurant, sondern dort, wo man auch seine Pizza vom Lieferservice gegessen hat – zuhause.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Die relevanten Dienstleistungsunternehmen bereiten bestimmt schon den nächsten Schritt vor:

     

    In absehbarer Zeit wird es nicht nur möglich sein, eine Mahlzeit zu bestellen, sondern auch gleichzeitig das Vertilgen derselben in Auftrag zu geben. Das erspart noch mehr Zeit, bremst immens die eigene Fettleibigkeit und schont auch noch die Umwelt, weil ja kein Benzin verschwendet wird.