LESERINNENBRIEFE
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Eine große Chance für die Kinder

■ betr.: „Primarschule in Gefahr. Das Hamburger Volksbegehren gegen die sechsjährige Grundschule ist überraschend erfolgreich“,taz vom 19. 11. 09

In Bezug auf den Hamburger Schulstreit bin ich, als Mutter von zwei mittlerweile fast erwachsenen Töchtern, sehr froh, dass wir in Berlin leben. Meine Töchter hatten hier eine schöne, relativ stressfreie, sechsjährige Grundschulzeit. Sie konnten ihre Neigungen, Fähigkeiten und Persönlichkeit entwickeln ohne Angst, dass der weitere (berufliche) Lebensweg wegen schlechter Noten gefährdet sein könnte. Sie erlebten in der Grundschule einen deutlich am Kind orientierten Unterricht, lebendige Unterrichtsmethoden, ihnen zugewandte LehrerInnen und, weil der Leistungsdruck sich in Grenzen hielt, eine überwiegend solidarische Klassengemeinschaft. Sie lernten dort alles, was sie später fürs Gymnasium brauchten: neben den Inhalten unter anderem auch selbstständiges Lernen und freies Vortragen und hatten darüber hinaus genügend Zeit, sich außerschulischen Interessen zu widmen. Daher betrachte ich etwas verständnislos die Vorgänge in Hamburg. Die sechsjährige Grundschulzeit, so wie meine Töchter sie erlebten, ist eine große Chance für alle Kinder und ich bin dankbar, dass es diese für sie gab.

ANNE SCHMIDT-GERTZ, Berlin

Sachlich und nüchtern

■ betr.: „Falsches Gesetz, auch wenn es die Richtigen trifft“,taz vom 18. 11. 09, LeserInnenbriefe, taz vom 21. 11. 09

Danke, Christian Rath, für die gewohnte und von mir sehr geschätzte sachliche, nüchterne und leider nicht mehr selbstverständliche Bewertung von Entwicklungen in unserem Rechtssystem. Die Kritik an dem Artikel zeigt, dass wir uns nur allzu bequem mit Verboten notwendigen offenen Auseinandersetzungen und öffentlichen Diskussionen entziehen wollen. CHRISTINA HERRIG, Leipzig

Ehrung als Drohung

■ betr.: „Falsches Gesetz, auch wenn es die Richtigen trifft“,taz vom 18. 11. 09

In dem Kommentar wird die Einschränkung der Meinungs- und Demonstrationsfreiheit für Neonazis in Bezug gesetzt zu den Einschränkungen der Grundrechte, die im Zusammenhang mit dem „Krieg gegen den Terror“ in demokratisch verfassten Ländern getroffen wurden. Letztere sind in der Tat abzulehnen, insbesondere, weil ein wichtiges Motiv, Terrorist zu werden, ja darin besteht, dass man mit seinem Anliegen nicht (mehr) auf friedliche Weise in der Öffentlichkeit kämpfen kann. Neonazis unterscheiden sich aber in einem wesentlichen Punkt von den verschiedensten Terroristen, die es in der Geschichte gegeben hat und heute noch gibt: Sie affirmieren eine Herrschaft, die systematisch einen Massenmord an Menschen durchgeführt hat, allein auf Grund der Herkunft der Opfer. Naziherrscher auf Demonstrationen zu ehren (unter welchen fadenscheinigen Begründungen auch immer), bedeutet also nichts anderes, als die Drohung, mit den Verbrechen weiterzumachen, so die Neonazis die Macht dazu haben. Eine solche Androhung ist aber schon vor dem 2005 verschärften Demonstrationsrecht strafbar. Der Spruch der Antifa „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen“ hat durchaus seine Berechtigung.

STEPHAN UNGEHEUER, Düsseldorf

Kondome für Reiche

■ betr.: „Mit Kondomen gegen den Treibhauseffekt“, „Unser Globus, eure Kinder“, taz vom 19. 11. 09

UN-Weltbevölkerungsbericht: „Würde es 2050 nur 8 statt der bislang prognostizierten 9 Milliarden Menschen auf der Welt geben, würden 1 bis 2 Milliarden Tonnen weniger CO2 ausgestoßen.“ Also: „Familienplanung in den Entwicklungsländern könnte das Klima retten.“

Und ich dachte immer, die Autos, die Industrie, die ganzen Sachzwänge der Marktwirtschaft seien schuld an der Umweltvernichtung.

Also, wenn das so ist: 1 Milliarde weniger Menschen in den Entwicklungsländern, macht 1 bis 2 Milliarden Tonnen weniger CO2! Ich überlege: Wir, die 1 Milliarde reicher Menschen auf der Welt, produzieren doch pro Kopf 10 bis 15 mal mehr CO2. Da muss man doch die Kondome nicht in Afrika, sondern bei uns verteilen: Wenn sich diese 1 Milliarde reiche Menschen nicht mehr fortpflanzen, dann sparen wir das 10fache an CO2 ein. Macht 10 bis 15 Milliarden Tonnen weniger CO2. Das Weltklima wäre gerettet, das Umweltproblem gelöst! INGO SPEIDEL, Stuttgart