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Die große Leidenschaftliche

WÜRDIGUNG Sie stellt fast jeden Mitspieler in den Schatten: Das Metropolis-Kino in Hamburg zeigt Filme mit Isabelle Adjani

Ausgezeichnet: Isabelle Adjani, Juli 2016 Foto: Christophe Petit Tesson/dpa

Sie hatte nur große Auftritte. Die spielte sie obendrein mit einer derart intensiven Leidenschaft, dass es wohl bei fast jeder anderen Schauspielerin schnell ins Lächerliche gekippt wäre. Isabelle Adjani aber nahm und nimmt es das Pulikum ab – ob sie nun ständig am Rande des Nervenzusammenbruchs zu sein scheint, oder verzweifelte Schluchzer ihre Dialogsätze unterbrechen. Das Hamburger Metropolis-Kino widmet der inzwischen 61 Jahre alten Schauspielerin schon seit Anfang August eine kleine Werkschau.

Für das Kino entdeckt hat die damals 19-jährige Tochter eines aus Algerien stammenden Fahrers und einer Deutschen der Regisseur Francois Truffaut. In „Die Geschichte der Adéle H.“ war sie dann die Tochter des Schriftstellers Victor Hugo, unglücklich verliebt in einen britischen Offizier. Mit gerade mal 20 wurde sie dafür sowohl für den Oscar als auch für den César nominiert – und bekam danach fast nur noch Rollen, in denen sie schön leiden musste.

Die allermeisten männlichen Darsteller wirkten blass gegen sie. Es musste schon Klaus Kinski sein, der ihr – in Werner Herzogs „Nosferatu“ (15. und 17. August) – einen ebenbürtigen Mitspieler bot. Die heldenhafte Liebende, die sich opfert und so den Vampir besiegt, war aber auch eine Paraderolle für Adjani, von denen sie so arg viele gar nicht hatte. So ist sie in Jeremiah S. Chechiks Remake des Thrillers „Diabolique“ (18., 20. und 23. August) als junge Frau, deren sadistischer Mann sie in den Wahnsinn treiben will, eindeutig unterfordert: Ihre Zusammenbrüche lieferte sie da eher routiniert als inspiriert ab.

Eine Wahnsinnige, die glaubt von einem Wesen besessen zu sein, das nicht von dieser Welt ist, und die in einen Gewaltrausch gegen sich und andere verfällt, spielt Adjani in Andrzej Zulawskis „Possession“ (19., 23. und 25. August). Zum Kultfilm wurde der kafkaeske Thriller trotz der wirren Regie, und Adjani geht darin furchtlos bis an ihre Grenzen.

In Walter Hills „The Driver“ (12. August) spielte Adjani 1978 ihre erste Rolle in einem Hollywoodfilm und es ist schon ein wenig seltsam, wenn sie in diesem Actionthriller in einer kleinen Nebenrolle ein wenig leuchten darf. Überhaupt, ihre Rollen: Die Liste der großen Filme, die sie ablehnte, ist beeindruckend. So wollte sie nicht in Luis Buñuels „Dieses obskure Objekt der Begierde“ mitmachen, weigerte sich auch, für Jean-Luc Godard die Carmen zu spielen und gab auch Regisseur Philip Kaufmann einen Korb für seine Milan-Kundera-Adaption „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“. Andererseits: Niemand sonst hat den César, Frankreichs bedeutendsten Filmpreis, gleich fünfmal als beste Hauptdarstellerin gewonnen. HIP

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