NRW-SPD regiert die Republik

Die NRW-SPD stellt im neuen Bundeskabinett drei Minister. Franz Müntefering und Peer Steinbrück sitzen an zentralen Stellen. Landespartei sieht eigene Position gestärkt. NRW-CDU ohne Einfluss

VON HOLGER PAULER

Nordrhein-Westfalens Sozialdemokraten regieren in Berlin. Mit Franz Müntefering (Vizekanzler und Arbeitsminister), Peer Steinbrück (Finanzminister) und Ulla Schmidt (Gesundheitsministerin) stellen die NRW-Genossen drei von acht Ministern im sozialdemokratischen Regierungsteam. Hinzu kommt der gebürtige Detmolder Frank-Walter Steinmeier (Außenminister) – ehemaliger Chef des Kanzleramtes. Ausgeschieden ist Wirtschaftsminister Wolfgang Clement. Der Bochumer hatte in der Landespartei keinen Rückhalt (taz berichtete). Insgesamt erhält die SPD einen Ministerposten mehr als CDU/CSU.

Der ehemalige Vorsitzende der nordrhein-westfälischen SPD, Harald Schartau, begrüßte, dass mit der Aachenerin Ulla Schmidt für das Gesundheitsressort weiterhin eine „schwergewichtige Politikerin“ dem neuen Kabinett angehöre. Steinbrück werde mit dem Finanzressort ein undankbares Amt annehmen: „Aber der kann das“, so Schartau.

Kritik an der Nominierung Peer Steinbrücks kam zuletzt vor allem vom linken Parteiflügel der Landespartei. Steinbrück hatte sich schon vor der Bundestagswahl für eine große Koalition eingesetzt. Wer nun für den ehemaligen Ministerpräsidenten in den Düsseldorfer Landtag nachrückt, wurde nicht bekannt.

Uwe Andersen, Politikwissenschaftler an der Ruhruniversität Bochum, sieht die Landes-SPD durch die Vergabe der Ministerposten gestärkt. „Ich bin überrascht, wie gut die NRW-SPD aufgestellt ist.“ Vor allem mit Franz Müntefering und Peer Steinbrück gebe es zwei Schwergewichte. „Müntefering als Parteichef und Vizekanzler wird die Aufmerksamkeit sehr stark auf sich ziehen“, sagte Andersen zur taz. Auch die Position von Peer Steinbrück sei extrem wichtig. „International ist der Finanzminister immer die Nummer zwei einer Regierung – gleich nach dem Regierungschef“, so Andersen. Angesichts der schwierigen Haushaltslage sei Steinbrück um seine schwierige Position nicht zu beneiden. „Bei erfolgreicher Arbeit dürfte Steinbrück im Verbund mit Müntefering aber ein entscheidender Machtfaktor in der Bundesregierung sein“.

Die Machtverhältnisse in der Landespolitik würden sich durch den hohen Anteil der NRW-SPD in der Bundesregierung allerdings nicht großartig ändern. „Dazu ist der Einfluss der Bundespolitik auf Landesangelegenheiten zu gering“, so Andersen – auch wenn die NRW-CDU in der Bundesregierung so gut wie keine Rolle spiele.

Dennoch: Die nordrhein-westfälischen Christdemokraten bleiben bei der Postenvergabe im Bund außen vor. Finanzexperte Friedrich Merz spielt nach seiner Kritik an Angela Merkel keine Ministerrolle mehr. Der stellvertretende Fraktionschef Wolfgang Bosbach muss das angestrebte Innenressort dem CSU-Kollegen Günter Beckstein oder Wolfgang Schäuble überlassen. Lediglich der Bochumer Norbert Lammert (CDU) darf sich auf den Posten des Bundestagspräsidenten freuen. Als Chef des Kanzleramtes ist der Meckenheimer Norbert Röttgen, bislang parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Bundestagsfraktion, im Gespräch. Fraktionsvize Roland Pofalla aus Weeze soll Generalsekretär Volker Kauder ablösen.