Affi bootet Stromkonzerne aus

Wegen der hohen Strompreise will sich die Affi von einem eigenen Kraftwerk versorgen lassen. Der Clou: Verheizt werden soll Müll, dessen Lieferanten noch was drauflegen

Werner Marnette, Chef der Norddeutschen Affinerie (NA), gedenkt den Energieversorgern ein Schnippchen zu schlagen. Weil er nicht gewillt ist, den hohen Börsenpreis für Strom zu bezahlen, möchte er auf dem Gelände der Affi ein Kraftwerk nur für seine Kupferhütte errichten lassen. Gestern und vorgestern Abend ist der Plan den Stadtplanungsausschüssen von Mitte und Harburg vorgestellt worden. Noch in diesem Jahr soll die Genehmigung offiziell beantragt werden.

Lautstark hatte Marnette den Versorgern Vattenfall, E.on, RWE und EnBW vorgeworfen, sie bildeten ein Oligopol und sorgten für überhöhte Preise auf dem deutschen Strommarkt. Diese konterten mit dem Hinweis, gerade das Funktionieren des Strommarktes führe zu den hohen Preisen. Wie lange etwa Kraftwerke schon am Netz hingen und zu welchem Grade sie abgeschrieben seien, spiele daher für die Preisbildung keine Rolle. Ausschlaggebend seien beim Kraftwerkspark die Grenzkosten, also der Preis für den Bau eines neuen Kraftwerks.

Marnette lässt neu bauen und will trotzdem billigeren Strom beziehen. Der Trick dabei: Ein Ersatzbrennstroff-Kraftwerk soll den Strom liefern, im Prinzip eine Müllverbrennungsanlage, die aber nur ausgewählten und aufbereiteten Abfall verbrennt. Dafür, dass er den Müll abnimmt, erhält der Kraftwerksbetreiber Geld. Denn seit dem 1. Juli ist das Deponieren von Hausmüll verboten, und reichlich Müll sucht Wege zur Entsorgung durch Verbrennung, Verwertung oder mechanisch-biologische Aufarbeitung. Die Stadtreinigung (HSR), deren Müllöfen ausgelastet sind, gilt laut Wirtschaftsbehörde als einer der favorisierten Projektpartner.

Die Affi spart außerdem bei den Netznutzungsgebühren, die bei einem Kraftwerk außerhalb des Firmengeländes anfallen würden. Statt für 45 Euro pro Megawattstunde wie bei der Strombörse soll der Affi-Strom daher nur 25 Euro kosten.

Das Kraftwerk zwischen der A1 und dem Müggenburger Hauptdeich soll 100 Megawatt Strom liefern. 750.000 Tonnen Abfälle müsste es im Jahr fressen – Material, wie die Affi versichert, das aus Norddeutschland angeliefert werden soll mit der Bahn und von täglich 100 Lastwagen. Gernot Knödler