Jobs gestrichen, Laune steigt

Die Berliner Unternehmen sehen wieder positiv in die Zukunft, sagt die IHK. Große Hoffnungen richten sich vor allem auf die Fußball-WM 2006. Dauerhaft mehr Jobs sind aber nicht in Aussicht

von RICHARD ROTHER

Hurra, die Wirtschaft kann wieder lachen! So gut wie in diesem Herbst war die Stimmung in der gebeutelten Berliner Wirtschaft schon lange nicht mehr. Das ergab eine Konjunkturumfrage von Industrie- und Handelskammer (IHK) und Handwerkskammer, die gestern vorgestellt wurde. Auch die schlechten Nachrichten aus der Industrie, in der reihenweise Mitarbeiter entlassen werden, können offenbar die gute Stimmung nicht trüben. Nur die Arbeitslosen haben wenig von der guten Laune – ein Beschäftigungsaufbau ist nach wie vor nicht in Sicht.

„In den Berliner Unternehmen ist die Stimmung deutlich besser als noch vor einem Jahr“, so IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder. Im Moment herrsche die positivste Stimmung seit fünf Jahren. Ergeben hat dies eine Umfrage unter 1.400 Betrieben der wichtigsten Branchen. Die Unternehmer waren nach der aktuellen Lage und den Geschäftserwartungen befragt worden, auch etwaige Pläne für Investitionen, Exporte und den Auf- oder Abbau von Beschäftigung spielten eine Rolle. Aus den Antworten errechnen die Konjunktur-Experten den so genannten Geschäftsklima-Index, eine Art gefühlte Temperatur des Marktes. Und die steigt – trotz eines konjunkturellen Einbruchs im ersten Halbjahr dieses Jahres, als die Wirtschaft um 0,6 Prozent schrumpfte. „Die positive Stimmung hat uns auch überrascht“, so Eder.

Demnach betrachten die Unternehmen die aktuelle Geschäftslage wesentlich freundlicher als vor einem Jahr. Die Umsätze seien gestiegen, auch die Auslandsnachfrage habe an Dynamik gewonnen, so die IHK. Ebenfalls scheine die Binnenkonjunktur anzuziehen. Allerdings: „Düster sieht es weiterhin für den Berliner Arbeitsmarkt aus.“ Immer noch planen mehr Unternehmen den Abbau von Beschäftigung (24 Prozent), als Stellen neu zu schaffen (19 Prozent). Der Minussaldo habe sich aber im Vorjahresvergleich reduziert. Während die Unternehmen aus dem Verkehrsbereich und dem Gastgewerbe mehr Menschen einstellen wollen, wird die Zahl der Beschäftigten in der Industrie, heute sind es nur noch rund 100.000, wohl weiter schrumpfen.

Große Hoffnungen richten sich auf die Fußball-Weltmeisterschaft der Herren, die im nächsten Sommer in Deutschland ausgetragen wird. Die WM bringe ein zusätzliches Wachstum von 0,5 Prozentpunkten, so Eder. Profitieren dürften Unternehmen aus den Bereichen Medien, Gastgewerbe und Sicherheit. Auch auf dem Arbeitsmarkt werde das Großereignis einen Schwung bringen, strukturell mehr Beschäftigung sei aber nicht zu erwarten.

Viel kaufen können sich die Berliner Arbeitslosen von der WM also nicht. Damit sie erst gar keine werden, setzen die Beschäftigten des Berliner Samsung-Werkes ihren Protest gegen die Entlassung von rund 750 Arbeitern heute fort. Mit einem Benefiz-Konzert, das um 18 Uhr im Innenhof des Rathauses Köpenick beginnt, soll Geld für weitere Protestaktionen gesammelt werden. Angekündigt haben sich Bands wie Stern-Combo Meißen, Dirk Zöllner, Monokel und Mortisha.