: Pelzmütze und Nazis
Deutschland (23) – Die wöchentliche Kolumne aus der Republik von Henning Kober. Heute: Experimente
Gerade ist so hübsches Außerirdische-Landewetter, es geht einfach nicht vorbei. Angela Merkel ist gelandet und wird Bundeskanzlerin. Es wird spannend, und verdient hat sie es sich auch.
Es ist das größte Menschheitsexperiment der Nachkriegsgeschichte, was da mit Merkel passiert. Sie lernte Autofahren im Trabant und jagt jetzt einen Stern über die sechsspurige Autobahn. Sie trug Pelzmütze auf dem Roten Platz und plaudert jetzt gar nicht so schlechtes Englisch. Nach Hawaii schafft sie es bestimmt auch. Außerdem ist sie erst 51 und hieß früher Kasner. Angie, Äntschi, Angelique, die Welt dreht sich um sie und mit ihr. Wie das alles auf sie wirkt? Miss oder Missy Germany, der Entertainment-Aspekt wird interessant. Schröder dagegen wird zum Schluss wieder, was er die meiste Zeit war: eine große Enttäuschung. Sein Abgang ist unwürdig für einen echten Pop-Rocky. Oder kommt da noch was?
Zu einem anderen, wie ich finde, spannenderen Menschheitsexperiment, traut sich unser Land nicht. Während Spanien jeden Flüchtling, der es auf ihr Territorium schafft, relativ zügig mit einem Pass ausstattet und in Frankreich und Großbritannien verschiedenste Herkünfte zum Straßenbild gehören, warnt hierzulande Otto Schily in der FAZ vor der Afrikanerschwemme: „Uns wird Hören und Sehen vergehen.“ Weiter lässt sich der Anthroposoph zitieren: „Statt 100.000 Asylsuchenden zu Beginn meiner Amtszeit werden wir in diesem Jahr voraussichtlich nur noch rund 25.000 haben.“ Ich finde das ist nichts, worauf ein Mann stolz sein kann.
Es heißt immer, die Deutschen dürften mit der Integrationsleistung nicht überfordert werden. Übersetzt heißt das: Angst, weil in uns allen doch ein Nazi-Gen wohnt, das bei zu viel dunkler Haut ausbrechen könnte. Ich hoffe, das ist Quatsch, und wenn es so wäre, will ich diesen Wahnsinn bewiesen haben.
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