Anschlag auf Kurden

SYRIEN Attentat des „Islamischen Staats“ fordert Dutzende Opfer. Im Norden des Landes gibt es derzeit schwere Kämpfe zwischen den Kurden und den Dschihadisten

Nach dem Attentat in Kamischli: ein Mann mit seinem getöteten Sohn Foto: Abdalrhman Ismail/ap

BEIRUT/DAMASKUS/BERLIN rtr/ap/dpa/taz | Bei einem Anschlag in der kurdischen Stadt Kamischli im Nordosten Syriens sind nach Angaben des staatlichen Fernsehsenders am Mittwoch 44 Personen ums Leben gekommen; 140 weitere wurden demnach verletzt. Der Direktor des Nationalen Krankenhauses von Kamischli, Omar al-Akub, sprach gegenüber dpa von mindestens 55 Toten und mehr als 140 Verletzten. Angesichts von Schwerverletzten und Verschütteten dürfte die Zahl der Opfer noch steigen.

Fotos der staatlichen Nachrichtenagentur Sana zeigten Menschen, die in Schutthalden nach Überlebenden suchten. Auf anderen Bildern waren dicke Rauch- und Staubwolken zu sehen. Aktivisten aus der Region berichteten laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte von einem mit Sprengstoff gefüllten Lastwagen, der in die Luft geflogen sei. Es seien vor allem Zivilisten ums Leben gekommen. Der Anschlag war einer der schwersten in Syrien seit Monaten.

Der „Islamische Staat“ (IS) bekannte sich zu der Tat und sprach von einem Selbstmordanschlag auf kurdische Sicherheitskräfte. Die Explosion war so heftig, dass selbst in der türkischen Stadt Nusaibin Fensterscheiben zu Bruch gingen.

Das Attentat vom Mittwoch war nicht das Erste auf die Kurden. Im April dieses Jahres kamen bei einem Selbstmordanschlag in Kamischli sechs Mitglieder der kurdischen Asayisch, der Internen Sicherheitskräfte, ums Leben. Im Juli tötete eine Bombe des IS mindestens 16 Personen in der Provinzhauptstadt Hassaka.

Hintergrund der Tat dürften die schweren Kämpfe um die Stadt Manbidsch nordöstlich von Aleppo sein. Die kurdisch geführten und von den USA auch mit Luftangriffen unterstützten Demokratischen Kräfte Syriens (DFS) sind dort im Vormarsch gegen die Dschihadisten. Zuletzt hatten sie Manbidsch, das an der Hauptverbindungsstraße zwischen Aleppo und Kamischli liegt, eingekreist und teilweise erobert. Die Dschihadisten sind für Vergeltungsschläge bekannt, wenn sie auf dem Schlachtfeld in der Defensive sind.

Hilfsorganisationen starten einen Appell für Aleppo und die Region Manbidsch

Unterdessen haben mehrere Hilfsorganisationen einen Appell für Aleppo und die Region Manbidsch gestartet. Dort seien fast 400.000 Menschen von humanitärer Hilfe abgeschnitten. In Aleppo habe die syrische Armee die letzte Versorgungsroute in die von Oppositionsgruppen gehaltenen Stadtteile abgeriegelt, erklärte ein Zusammenschluss von 24 Organisationen am Mittwoch. Weder Helfer noch Hilfsgüter dürften passieren.

In Manbidsch hätten Frontverschiebungen in der letzten Zeit dazu geführt, dass Tausende Menschen ihre Häuser verlassen mussten, beklagten die Hilfsorganisationen. In Idlib, das von Rebellengruppen kontrolliert wird, sei die Zahl der Luftangriffe in den vergangenen Wochen stark angestiegen, Wohnhäuser seien zerstört und Bewohner in die Flucht geschlagen worden. B.S.