Nachbeben sorgt für Panik in Pakistan

Musharraf räumt Verzögerungen der Hilfe ein. Sein Militär dementiert indische Hilfe bei der Reparatur von Bunkern

BERLIN taz ■ Ein Nachbeben hat gestern früh in den pakistanischen Erdbebengebieten Angst und Schrecken verbreitet. Es trieb gegen 1.30 Uhr viele Menschen ins Freie. Das Beben der Stärke 5,6 auf der Richterskala, dessen Epizentrum 135 Kilometer nördlich von Islamabad lag, führte zu keinen neuen Opfern. Seit dem Beben vom Samstag mit einer Stärke von 7,7 gab es bereits dutzende kleinerer Nachbeben.

Am Mittwochabend hatte Pakistans Militärmachthaber General Pervez Musharraf die internationale Gemeinschaft um weitere Hilfe gebeten. Bislang wurde Hilfe im Wert von 490 Millionen Euro zugesagt. Musharraf räumte auch Verzögerungen der Hilfsaktionen ein. Ursache dafür sei, dass viele Straßen unpassierbar wurden und viele Militärs und Beamte selbst unter den Opfern sind. Das Beben sei die „schlimmste Tragödie“ in Pakistans Geschichte.

Der oberste UN-Nothilfekoordinator Jan Egeland sagte gestern beim Besuch in der pakistanischen Katastrophenregion: „Ich habe nie zuvor solche Verwüstungen gesehen.“ Er rief zu mehr Hilfe für die Opfer auf, von denen viele in abgelegenen Gebieten noch immer sich selbst überlassen seien. Laut Egeland müsse die Zahl der eingesetzten Hubschrauber verdreifacht und müssten mehr Nahrungsmittel, Medizin, Zelte und Decken zur Verfügung gestellt werden. Nach Regierungsschätzungen sind 2,5 Millionen Menschen in Pakistan obdachlos, im indischen Teil Kaschmirs sind es 150.000.

Pakistans Militär widersprach gestern Meldungen aus Indien, denen zufolge indische Soldaten bei der Reparatur von pakistanischen Bunkern geholfen hätten. Indiens Militär hatte zuvor berichtet, auf Einladung pakistanischer Soldaten hätten dafür indische Truppen zweimal die Waffenstillstandslinie überquert. Laut der britischen BBC bezeichnete ein pakistanischer Militärsprecher den indischen Bericht als „unvorstellbar“ und als „reine Erfindung“. Auf der pakistanischen Seite seien keine Bunker zerstört worden, weshalb indische Soldaten den Pakistanern nicht bei der Reparatur hätten helfen können. Die indische Seite blieb bei ihrer Version und sprach gestern von „spontaner Hilfe“. Offenbar glaubt Pakistans stolzes Militär, sich aus innenpolitischer Sicht keine indische Hilfe leisten zu können.

Am Mittwoch war erstmals ein indisches Flugzeug mit Hilfsgütern eingetroffen. Und erstmals seit der Teilung Britisch Indiens 1947 in die beiden Rivalen gibt es jetzt in Indien Spendenaufrufe für Opfer in Pakistan. SVEN HANSEN (MIT AP, AFP)