kommentar von Anja Maierüber Sahra Wagenknechts rhetorische Ausfälle
: Der Sound des Populismus

Der stets gleiche Ton – emotionalisierend und nicht an Lösungen interessiert

Der Text, der Ton, das anschließende Relativieren – all das fühlt sich unheimlich vertraut an. Stünde nicht der Name Sahra Wagenknecht über der Pressemitteilung, man könnte meinen, Frauke Petry habe wieder einmal eine ihrer Gehässigkeiten ins Netz gepustet. Aber nein, da ist kein Zweifel möglich. Die Vorsitzende der Linksfraktion im Deutschen Bundestag persönlich befleißigt sich der Sprache des Rechtspopulismus.

Die Gewalttaten der zurückliegenden Tage zeigten, so erklärte Sahra Wagenknecht, dass die Aufnahme und Integration von Zuwanderern und Flüchtlingen „schwieriger ist, als Merkels leichtfertiges ‚Wir schaffen das‘ uns im letzten Herbst einreden wollte“. Der Staat müsse jetzt alles dafür tun, dass sich „die Menschen in unserem Land wieder sicher fühlen können“.

Leichtfertig. Einreden. Unser Land. Es ist der stets gleiche Ton, der den Sound des Populismus ausmacht: weitgehend faktenfrei, emotionalisierend und nicht an Lösungen interessiert. Die Botschaft: Bloß nicht komplex denken, mit uns ist die Richtung klar – dagegen.

Derlei Geringschätzung von Realpolitik ist es ja, die es Fremdenfeinden so schwer macht, Geflüchtete als Menschen mit einem Schicksal zu sehen. Als Menschen, die auch in Krisensituationen Anspruch auf Rechtsstaatlichkeit und Würde haben. Wenn nun also eine prominente Linke-Politikerin dieses Wortbesteck benutzt – warum sollte man sich künftig am Stammtisch zurückhalten? Und: Wenn die so denkt, könnte man dann nicht gleich ihre Partei wählen?

Sahra Wagenknecht ist am Dienstag eilig zurückgerudert. Es sei ihr nicht darum gegangen, „alle in Deutschland lebenden Flüchtlinge unter Generalverdacht zu stellen“. Nicht alle also. Das nennt man bestenfalls eine Relativierung.

Den Menschen, für die sie sich sonst wortreich einsetzt, hat Wagenknecht einen schlechten Dienst erwiesen. Den Flüchtlingen und deren freiwilligen Helfern. Vor allem in Ostdeutschland ist es ihre Parteibasis, die täglich tapfer gegen Pegida und AfD anhält. Mitglieder der Kirchen, der Grünen und der Linken geben in den Flüchtlingsunterkünften Deutschunterricht und reparieren Fahrräder. Ab jetzt dürfen sie sich von den Fremdenfeinden auch noch anhören, dass nicht mal ihre Fraktionsvorsitzende meint, das sei zu schaffen.