Wochenschnack
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die tageszeitung | Rudi-Dutschke-Straße 23 | 10969 Berlin | briefe@taz.de | www.taz.de/zeitung

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor.

Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.

Fragen muss erlaubt sein

Würzburg Die Grünen-Politikerin Renate Künast bekam für einen Tweet zur Axtattacke in einem Zug bei Würzburg viel Kritik. War sie zu schnell?

Ein Polizeifahrzeug steht auf einer Wiese bei Würzburg Foto: dpa

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Toller Artikel

betr.: „Wenn schnell zum Problem wird“, taz vom 20. 7. 16

Was für ein toller Artikel! Lukas Wallraff analysiert fundiert Renate Künasts Tweet, die sicher mutig ist, deren emotionale Beteiligung an diesem Ereignis aber in die „Gutmensch-Grünen“-Richtung zu gehen scheint. Somit wird einmal richtig schön klar dieses „Gutmensch-Grünen“-Phänomen angesprochen, das auch in der taz immer mal wieder sein Unwesen treibt. Danke, Lukas!

JOCHEN HANSEN, Schwarzenbek

Großes Warum

betr.: „Wenn schnell zum Problem wird“, taz vom 20. 7. 16

Vier Fragezeichen von Renate Künast!!!! Vier Fragen auf der ersten Seite der taz!!!! Klare Antwort auf Seite 14: Künast war zu schnell! Und: Anscheinend gibt es nur einen Grund, warum man einen Attentäter nicht töten sollte, nämlich Mitleid.

Wie wäre es denn mit dieser Lesart? Einen gefangenen lebenden Attentäter könnte man befragen, zum Beispiel zu all den Fragen, die nicht nur die taz, sondern uns alle derzeit umtreiben, allem voran zu dem großen Warum. Daraus könnte man dann vielleicht lernen und präventive Möglichkeiten besser ins Auge fassen, von vermehrten Therapieangeboten für traumatisierte Flüchtlinge bis hin zu intelligenten sicherheitspolitischen Maßnahmen. Oder auch einfach nur klären, ob der IS wirklich dahintersteckt oder nur so tut.

Ich denke, Antworten auf all diese Fragen durch einen Todesschuss zu vereiteln, ist mehr als vier Fragezeichen wert!!!!

Geschrieben postwendend nach dem Lesen des Artikels auf Seite 14 der heutigen taz! Zu schnell????

BERNADETTE DRESCHER, Köln

Lieber lebendig

betr.: „Wenn schnell zum Problem wird“, taz vom 20. 7. 16

Lukas Wallraffs Schlussfolgerung, auch unter dem empfundenen Zwang zur schnellen Reaktion möglichst vorher noch mal eine Kollegin oder eine Vertrauensperson einzubeziehen, halte ich für sehr sinnvoll, vor allem weil die Reaktionen auf spontane Äußerungen häufig überzogen sind. Bei der weiteren Argumentation von Lukas Wallraff, der sich die Mühe machte, dieses Phänomen an einem Tweet von Renate Künast zu verdeutlichen, fällt mir auf, dass die Kritiker von Künast ziemlich gut wegkommen. Ich denke, zu Unrecht!

Interessant ist aber, dass Lukas Wallraff seine Frage „Warum die Aufregung“ mit der Erklärung verbindet, Künast würde mit ihrer Position, die Polizeikräfte hätten die Tötung des Axtangreifers unter Umständen vermeiden können, den Anschein erwecken, „alle Klischees über die Gutmensch-Grünen zu bestätigen“. Abgesehen davon, dass der Begriff Gutmensch sich nicht für eine politische Analyse eignet und eher über den etwas aussagt, der ihn verwendet, sollte der Satz von Künast: „Wieso konnte der Angreifer nicht angriffsunfähig geschossen werden?“, auch und vor allem unter dem Aspekt betrachtet werden, welche Chancen darin liegen, einen gefangenen Täter verhören zu können. Was könnte sich an Erkenntnissen daraus ergeben? Informationen über die Entwicklung und Motive des Täters, den sozialen Hintergrund, politische und religiöse Orientierung, Mittäter oder Mitwisser und Auftraggeber! Kurz gesagt, jeder Täter – insbesondere Terroristen oder Mitglieder des organisierten Verbrechens –, der lebend in den Gewahrsam der Polizei und der Justizbehörden fällt, kann dazu beitragen, die Polizeiarbeit effizienter zu machen und damit die Sicherheit der Bürger zu erhöhen.

GERD BECKER, Lüdinghausen

Einiges gewöhnt

betr.: „Wenn schnell zum Problem wird“, taz vom 20. 7. 16

Ich kann die Kritik an Renate Kü­nasts Tweet und den Aufmacher in der taz nicht nachvollziehen. Nicht nur unmittelbar nach Bekanntwerden des Anschlags mit Axt und Schnappmesser habe ich mich gewundert, wie selbstverständlich Bayerns Innenminister im Fernsehen die Vollstreckung eines Todesurteils gegenüber dem Täter als Ultima Ratio hingestellt hat. „Zufällig“ war die Spezialeinheit, die sonst in Nürnberg stationiert ist, gerade in Würzburg und konnte dazu gerufen werden. Natürlich steht bei einem solchen Einsatz das Leben Unschuldiger und auch die persönliche Absicherung der Einsatzbeamten im Vordergrund. Wenn der – wie wir heute wissen – Islamist eine Schusswaffe besessen hätte, wäre ich auch nicht so hellhörig geworden, inzwischen sind wir von den Meldungen aus Texas oder Missouri schon einiges gewöhnt. Aber die Frage, ob ein Schuss in die Beine den Angreifer nicht auch unschädlich gemacht hätte, muss erlaubt sein und aufgeklärt werden.

DIETMAR RAUTER, Kronshagen

Drei Fragezeichen

betr.: „Wenn schnell zum Problem wird“, taz.de vom 19. 7. 16

Ich sehe nicht das geringste Pro­blem im Tweet von Frau Künast. Ein bedenkliches Problem ist es allerdings, wenn berechtigte Fragen von Bürgern oder Oppositionspolitikern derart und in Hetzermanier abgebügelt werden wie es Herr Wendt von der Polizeigewerkschaft und sogar Politiker der CDU taten.

Die Polizei hat wie alle staatlichen Institutionen Fragen zu beantworten und nicht die, die Fragen stellen, abzukanzeln.

Im Übrigen war auch der Zeitpunkt der Frage richtig. Wer hat hier zu bestimmen, dass man nicht sofort nachfragen darf, wenn man liest/hört, dass jemand von der Polizei erschossen wird – auch wenn es offensichtlich ein Gewalttäter war??? Drei Fragezeichen!

MICHAEL KANELLOS, taz.de

Rechtsstaat gefragt

betr.: „Wenn schnell zum Problem wird“, taz.de vom 19. 7. 16

In den ersten Meldungen stand, der Angreifer sei auf der Flucht erschossen worden. Dann drängt sich die Frage von Frau Künast geradezu auf.

Es scheint viele zu geben, die Erdoğan dafür besonders stark kritisieren, dass er die Todesstrafe einführen möchte, aber selbst finden, dass ein Terrorist am besten von der Polizei getötet werden soll – auch wenn das nicht unbedingt erforderlich war. Wir haben in diesem Punkt einen Rechtsstaat, der keinen Polizisten bestraft, der umsichtig oder auch nur in der Situation nachvollziehbar gehandelt hat. Dieser Rechtsstaat ist aber auch gefragt, dann einzuschreiten, wenn Polizisten aus Hass das notwendige Maß überschreiten – auch wenn es Hass auf Terroristen ist. Wir wollen keine US-Verhältnisse.

VELOFISCH, taz.de

Sehr amerikanisch

betr: „Wenn schnell zum Problem wird“, taz.de vom 19. 7. 16

Alles gut und schön. Die Frage, die auch hier leider unbeantwortet bleibt, ist die, warum eine gut ausgebildete Spezialeinheit einen gewaltbereiten 17-Jährigen nur mit gezielt tödlichen Schüssen stoppen können sollte. Mir persönlich kommt das alles sehr amerikanisch vor, und ein gutes Gefühl kann damit doch eigentlich niemand haben.

RAINER B., taz.de