piwik no script img

kurzKritik :Sehnsuchtslieder am EuropahafenSingen im Transitort

Häfen waren schon immer Sammelbecken für Menschen aus aller Welt: Seefahrer, Soldaten, Händler, Gauner, Bettler, Sexarbeiterinnen und Flüchtlinge. So unterschiedlich sind auch MusikerInnen in der neuen Golden-City-Produktion am Europahafen. Zwei nordische, große Frauen, bekannt als Ramona Ariola und Ramon Locker, singen inbrünstig mit tiefen, teils rauchigen Stimmen. Daneben, im Anzug, Berufssänger Amir Houshmandifar aus Teheran, dessen feiner Gesang weich die Töne moduliert.

Dann die laute, blecherne Querflöte neben der leisen, anmutigen persischen Nay, ein uraltes flötenähnliches Instrument, und die Oud, eine arabische Laute: Zwölf Musiker aus Syrien, dem Iran, Afghanistan und kurdischen Gebieten spielen und singen zusammen mit den Bremer Sängerinnen Frauke Wilhelm und Nomena Struß, die seit 2013 bei ihrer „Golden City Lokalrunde“ ohne Noten Schlager schmettern, Stücke in vielen Sprachen von Farsi bis Deutsch, von der panarabischen Hymne „Mawtini“ über eine Abwandlung des kurdischen Liedes „Qamischli“ bis zu „Weiße Rosen aus Athen“. Das kann auch mal schief klingen, aber es transportiert immer das Thema des Musikabends: Sehnsucht.

Die „Sehnsuchtslieder von der Gegenküste“ erzählen von der Heimat, der Vertreibung oder von der fernen Geliebten. So wird die Hafenbar zum Transitort, auch dank der provisorischen Konstruktion aus Ölfasshälften und einem Arsenal alter Fensterrahmen. Zwischen den Liedern erzählen Musiker, wie sie nach Deutschland gekommen sind. Die meisten kamen über das Mittelmeer und sind nicht mal ein Jahr in Bremen. Sie sind zwischen 20 und 50 Jahren alt und freuen sich darüber, Musik machen zu können. Um Perfektion geht es Amir Houshmandifar aus Teheran dabei nicht: „Wir kommen hier mit unseren Herzen, wir lieben die Musik.“ Eva Przybyla

21., 22. und 23. Juli, 20 Uhr statt. Weitere Vorstellungen im August

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen