LESERINNENBRIEFE
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die tageszeitung | Rudi-Dutschke-Str. 23 | 10969 Berlin | briefe@taz.de | www.taz.de/zeitungDie Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor . Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.

Sture und starre Haltung

betr.: „Kurzer Prozess“, taz vom 14. 7. 16

Der Berliner Innensenator Henkel hat durch sein Verhalten im Konflikt um die Rigaer Straße 94 der Demokratie einen großen Schaden zugefügt. Denn die sture und starre Haltung, mit der er seine Kompetenz für Sicherheit und Ordnung in dieser Stadt dokumentieren und beweisen wollte, war nur einzig und allein darauf ausgerichtet, aus den Wahlen im September 2016 als Sieger hervorzugehen! Das ist nun völlig danebengegangen, denn nach dem Gerichtsurteil war die Räumung des Hauses Rigaer Straße 94 rechtswidrig.

Die massiven Polizeieinsätze, die den Steuerzahler Unsummen gekostet und die Anwohner und Nachbarn in dieser Straße ­ihrer Lebensqualität beraubt haben, waren also nicht gerechtfertigt. Wann begreift der Innensenator endlich, dass seine stammelnden Erklärungen von einer angeblichen Bedrohung des Investors einfach lächerlich sind? Es ist an der Zeit, dass Herr Henkel seinen Hut nimmt und von der politischen Bühne verschwindet!

THOMAS HENSCHKE, Berlin

Unruhe bis Lichterfelde

betr.: „Es muss eine politische Lösung her“, taz vom 9. 7. 16

Wäre es ein Anliegen der Bewohner der Rigaer Straße 94, es so sicher und bequem wie möglich zu haben, wäre der Verweis auf Organisationsformen wie die des Mietshäusersyndikats sicher richtig. Nur: Welche der sich so organisiert und legalisiert habenden ehemals besetzten Häuser zwingen die Öffentlichkeit, sich mit der alltäglichen Verdrängung nicht so Einkommensstarker aus ihrem Lebensumfeld und dem Verlust linker (Frei)räume auseinanderzusetzen?

Hausbesetzungen sind seit jeher Stachel im Fleisch der Etablierten und bringen günstigstenfalls einige Etablierte zum Nachdenken. Wie konstant wäre das Thema im öffentlichen Bewusstsein vertreten und wie viele Zeilen würde es in der taz sonst haben?

Gibt es nicht auch in der taz einige, die es ganz schön finden, wenn zum Beispiel Neukölln etwas aufgehübscht wird – künstlerisch selbstverständlich – und viele gemütliche Kaffee-Ecken bekommt – bio natürlich. Haben doch alle was davon … Nur wie lange? Und wie viele können es sich auf Dauer leisten?

Ich überlege noch ein wenig, wie tief ich vor den gemutmaßten Gewalttäter*innen einknicken möchte, bedanke mich aber jetzt schon für die Unruhe, die ich bis ins satte Lichterfelde gehört habe. Ich hoffe, dass ihre Besetzerromantik noch lange anhält – und da sie sich ja nicht selbst feiern sollen, tue ich es an dieser Stelle ein bisschen.

ERIKA KARTSCHOKE, Berlin

Polemische Berichte

betr.: „Es muss eine politische Lösung her“, taz vom 9. 7. 16

Ich bin erschrocken über die Polemik der Berichterstattung in den meisten Medien zur Demonstration für den Erhalt der Rigaer Straße 94 am Samstagabend. Es werden nur noch die Ausschreitungen zum Schluss thematisiert, über die ich mir kein Urteil erlauben kann, weil ich weiter hinten mitgelaufen bin. Dass mehrere Tausend friedlich gesinnte, aber über das Verhalten der Polizei und des Innensenators wütende Friedrichshainer, die in ihrem Kiez fest verwurzelt sind, viele zum Teil auch ältere Mitbürger, die ebenfalls von Gentrifizierung und Immobiliengeschacher betroffen sind, aus Solidarität an dieser Demonstration teilgenommen haben, wird von den sensationsgeilen Medien völlig unter den Tisch gekehrt! DETLEF SCHEFFEN, Berlin

Innensenator ignoriert Urteil

betr.: „Gefährliches Eigenleben der Polizei“, taz.de vom 13. 7. 16

ich finde es erschreckend, wenn der berliner innensenator das urteil einer richterin komplett ignoriert.

in dem rbb-abendschau-interview findet er es aber vor allem skandalös, dass in einem rechtsstaat linksautonome bestimmen, wie unser rechtssystem zu funktionieren hat. das alles basierend auf medienberichten, also spekulation, dass ein anwalt angeblich aus angst durch einschüchterungen (durch wen? inwiefern?) nicht vor dem gericht erscheinen konnte. dass also macht herrn henkel fassungslos. soso.

mal ganz konkret: ich würde gern ein interview mit dem anwalt sehen, in dem er genau erklärt, was passiert ist. vorher erscheint mir diese ganze geschichte extrem unplausibel, da anwälte ihr ganzes berufsleben mit anfeindungen leben müssen, und zweitens gibt es auch polizeischutz, wie herr henkel sicher auch weiß.

THE REAL GÜNNI, taz.de