LESERINNENBRIEFE

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Rechte Attacken übernommen

betr.: „Corbyn – ein fundamentales Missverständnis“,taz vom 29. 6. 16

Ein Missverständnis, in der Tat, aber es liegt diesmal zu großen Teilen aufseiten des Kommentators.

Jan Feddersen übernimmt forsch die Attacken der rechten, aber auch der vorgeblich linken Presse in England auf Corbyn, die unmittelbar nach seiner überraschenden Wahl zum Parteichef einsetzten und die nach dem Brexit einen neuen Höhepunkt erreichen – als ob es die heilige Pflicht eines jeden Linken wäre, diese EU rückhaltlos zu verteidigen. Cameron macht Corbyn nun absurderweise für den Brexit verantwortlich, und Feddersen klatscht Beifall. Warum?

Corbyn darüber hinaus als Vertreter der Kulturlinken und Hipster darzustellen, ist hanebüchen. Mich würde doch interessieren, wie Feddersen diese krude These begründet beziehungsweise woher er sein Wissen über Wesen und Lage der Labour-Partei und ihres momentanen Chefs nimmt. Schließlich auch noch Lafontaine und Wagenknecht als authentische VertreterInnen der Arbeiter gegen Corbyn in Stellung zu bringen, ist beinahe lustig. Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Geschicke der britischen Labour Party nicht gerade der home ground des Kommentators sind. CHRISTIAN SCHMITT-KILB, Ziesendorf

Stich gegen Corbyn

betr.: „Corbyn – ein fundamentales Missverständnis“, taz vom 29. 6. 16

Zurzeit jedenfalls putscht die alte Parteiführung um Tony Blair gegen Jeremy Corbyn, welcher doch gerade deswegen von jungen neuen Parteimitgliedern zum Vorsitzenden gewählt wurde, weil er an sozialdemokratische Tugenden und Geschichte(n) anknüpfen möchte, sich um die Abgehängten dieser Welt zu kümmern. Es läuft in dieser Richtung nicht alles gut, wie zum Beispiel Owen Jones in einem bewegenden Brief formulierte. Aber die Gegner von Corbyn, die in der Parlamentsfraktion eine Mehrheit haben, werden seit Wochen in der Behauptung, Labour habe ein Führungskrise und Corbyn sei dafür verantwortlich, von einflussreichen – gerade konservativen – Medien durch eine schrille Kampagne unterstützt. Corbyn ist für die politische Elite in Labour und bei den Konservativen ein rotes Tuch, weil er eine Alternative zur desaströsen neoliberalen Agenda vertritt!

Auf diese ideologisch motivierte Kampagne geht Feddersen nicht ein, sondern stellt sich auch noch hinten an, um ebenfalls noch einen – logisch und inhaltlich obskur begründeten – Stich gegen Corbyn zu setzen. Erbärmlich finde ich das! HANS STEIH, Kleve

Etwas sagen, egal was

betr.: „Corbyn – ein fundamentales Missverständnis“, taz vom 29. 6. 16

Feddersen wirft Corbyn et al. das vor, was die Blair-Leute getrieben haben und treiben mit ihrer Hetze gegen Corbyn. Vielleicht sollte er mal die taz lesen mit einem Text vom Wochenende, wo sich die Antwort auf die Typen, die Rassismus als Antwort auf ihre vorgeblichen „Probleme“ entwickeln, im „Dokument der Vernichtung 6“ beschrieben werden. Ein nicht kleiner Teil in UK, wie auch der AfD -„Wähler“ hier, lässt sich so gut charakterisieren: „Leute, die in ihrem Leben kaum etwas zu sagen haben, entdecken hier ihr Talent, den rücksichtslosen Herrn zu spielen.“ Bei den Briten waren es die, die sagen wollten, wir haben jetzt was zu sagen – egal was. HEINZ SÜNKER, Wuppertal

Etwas peinlich

betr.: „Ein fundamentales Missverständnis“, taz.de vom 28. 6. 16

Ich finde es etwas peinlich, gerade Corbyn in die gleiche Ecke zu stellen wie Schröder, Blair und Konsorten.

Corbyn wurde in einer Urwahl von Labour-Mitgliedern gegen das Partei-Establishment gewählt. Diejenigen, die wahnsinnigerweise jetzt einen Aufstand gegen ihren Hoffnungsträger vom Zaun brechen, hätten lieben einen wie Blair gehabt.

AQUARIUS99, taz.de