Merck-Preis 2016
: Kathrin Passig kriegt Dinge geregelt

Kathrin Passig Foto: v. Schwichow

Cool. „Bitte kein leichtfertiger Weltschmerz.“ Das kam als T-Shirt-Aufschrift heraus, als man erst einmal ein bisschen herumgoogelte, nachdem die Meldung eingetrudelt war, dass Kathrin Passig ins Walhalla der Johann-Heinrich-Merck-Preis-Trägerinnen der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung aufgenommen wird. Unter Zufallsshirt.de stößt man auf eines ihrer vielen Projekte, um jenseits von Festanstellung und akademischen Seilschaften mit Leuten zusammenzuarbeiten und Geld zu verdienen. Man klickt und bekommt ein individuelles Shirt-Design. Die Aufschrift passt. Weltschmerz ist in ihrem intellektuellen Neugierprogramm genauso wenig vorgesehen, wie sich langweilen zu lassen.

Kathrin Passig ist die Au­torin, die unser Gesellschaft gerade die Möglichkeiten der digitalen Welt erklärt und zum Teil auch vorlebt. Wer ihren Spuren im Netz nachgeht, hat bald viele Fenster auf. Auf Bachmannpreis.orf.at ist nachzuschlagen, in welchem Jahr sie das Wettlesen in Klagenfurt gewonnen hat: 2006. Im Archiv der Monatszeitschrift Merkur lässt sich ihre, nun ja, legendäre Internetkolumne zusammensuchen (mit Ira Strübel hatte sie für die taz schon ab 2001 eine Internetkolumne geschrieben). Mit Hilfe der Suchbegriffe Zentrale Intelligenz Agentur und Riesenmaschine stößt man auf die Überreste eines quirligen berlinbohemistischen Schreib- und Gedankenausprobierzusammenhangs, an dem sie beteiligt war. Und dann die Buchtitel: „Dinge geregelt kriegen ohne einen Funken Selbstdisziplin“ heißt einer. Wer jetzt lacht, hat den Clou nicht verstanden. Es geht dieser Autorin darum, die Projektionen und hehren Selbstbilder hinter sich zu lassen und realistisch mit den Dingen umzugehen – sei es das Internet, oder sei man es selbst.

Glückwunsch, Akademie, für diese Preisträgerin! drk