Alle Jahre wieder …

WEIHNACHTEN Seit dieser Woche stehen die Buden auf den Weihnachtsmärkten. „Winter Pride“, Ökologischer Weihnachtsmarkt und „Holy Shit Shopping“ liegen ein wenig abseits

Öko-Produzenten zeigen, wie man ressourcenschonend Weihnachten feiert

VON ROBERT MATTHIES

„Sehr merkwürdig“, fand es die Freundin eines Freundes, die nach jahrelangem Hickhack mit den Ausländerbehörden zwecks Familienzusammenführung aus wärmeren Gefilden in Hamburg angekommen war, als sie nun über den Weihnachtsmarkt geführt wurde. Warum finden sich Menschen bei tiefsten Temperaturen unter freiem Himmel zusammen, um sich – während sie sich gegenseitig mit deutlichen Gesten von der gemeinsam gefühlten Kälte überzeugen – an heißen geistigen Getränken zu wärmen und zu berauschen? „Total absurd“ fand sie das.

Dabei scheint dieser Brauch – mit über 600 Jahren Geschichte auf dem Buckel immerhin einer der wenigen, der sich durch all die Wirren relativ beständig bis in die Gegenwart gehalten hat – den meisten unmittelbar einleuchtend. Ganz ohne das Wissen um die geheime Formen- und Zeichensprache, die dem Ganzen seinen Sinn gibt. Oder vielleicht gerade deshalb: Als schöner alter Brauch eben. Jedenfalls gehört der Weihnachtsmarkt zu den kulturellen Exportschlagern des deutschsprachigen Raums. Und fügt sich weltweit ja auch ganz nahtlos in das vorweihnachtliche geschäftige Treiben der Warenwelt.

Auch in Hamburg, das sich nach Auskunft der Hamburg-Tourismus GmbH derzeit zur „Weihnachtshauptstadt des Nordens“ aufschwingt, klingeln die Kassen. Auf 600.000 Übernachtungen hofft man dieses Jahr, allein drei Kreuzfahrtschiffe legen in den nächsten Wochen nur der Märkte wegen hier an. Fündig wird der Tourist in der ganzen Stadt: Seit Anfang der Woche stehen die Buden auf den großen Weihnachtsmärkten in der Mönckebergstraße, auf dem Rathausplatz, auf dem Gänsemarkt, rund um die Petrikirche und auf dem Jungfernstieg, in Bergedorf, Altona und Harburg.

Dass das Weihnachtliche sich im schön dekorierten Umschlag von Wein und Wert nicht erschöpft, machen aber auch hier verschiedene Versuche deutlich, den Brauch an die Zeit anzupassen oder verloren gegangene Elemente zu aktualisieren.

Das Karitative stellt etwa der Glühweinstand „Winter Pride“ von „Hamburg Pride“ vor dem „Kyti Voo“ in der Langen Reihe 82 ab Samstag in den Vordergrund. Denn „getrunken, gefeiert, geflirtet“ wird hier für einen guten Zweck: Die Einnahmen unterstützen die Initiative „Hamburg Pride“ und Vereine und Gruppen aus der LGBT-Community.

Innovativ und ausgefallen gibt sich der 8. Ökologische Weihnachtsmarkt im Museum der Arbeit ab Freitag nächster Woche – der einzige seiner Art in Deutschland. Drei Tage lang zeigen Kunsthandwerker, Biobauern und Öko-Produzenten, wie man ressourcenschonend Weihnachten feiern kann: „Reparieren statt Wegwerfen“, lautet das Motto. Für Unterhaltung sorgen hier unter anderem der Zauberer Hörbie, das mobile Kindertheater „Mär“ mit „Die kleine Raupe Nimmersatt“ und der Musiker Ulrich Kodjo Wendt mit seiner Band. Die taz ist ebenfalls mit einem Stand im Erdgeschoss rechts neben dem Museumscafé vertreten und freut sich über Besuch. Ein ganz besonderes Weihnachtsgeschenk lässt sich dort am Sonntag ergattern: Von 13 bis 16 Uhr wird taz-Zeichner TOM seine Bücher signieren.

Die Veranstaltung „Holy Shit Shopping“ schließlich lädt am 5. und 6. Dezember im Bahrenfelder Alten Gaswerk zur weihnachtlichen „Shopping Lounge“. Hier präsentieren sich seit sechs Jahren jeweils rund 150 handverlesene Designer, Kreative und Künstler in entspannter Klubatmosphäre, um das kreative Für- und Miteinander von größeren Labels und jungen Nachwuchs-Designern zu fördern. Zur „wilden Mischung an Mode-, Schmuck- und Produktdesign, Kunst, Fotografie, Graphik, Comics und Literatur“ gesellen sich DJs und Liveacts.

■ Winter Pride: Sa, 28. 11. – Mi, 23. 12., Mo – Fr 17 Uhr, Sa & So 14 Uhr; Öko-Weihnachtsmarkt: Fr, 4. 12., 16 – 20 Uhr, Sa, 5. 12. & So, 6. 12., 10 – 18 Uhr; Holy Shit Shopping: Sa, 5. 12., 12 – 22 Uhr & So, 6. 12., 12 – 20 Uhr, Altes Gaswerk, Paul-Dessau-Str. 3g