Billiges Brennholz

Achtelfinals Es gibt zwei Wege, die ins Viertelfinale führen: Auf dem einen müssen schwere Mahagonistämme abtransportiert werden. Der andere führt über dünnes Tannenbaumgeäst

Tattoo von Italiens Daniele de Rossi Foto: Carl Recine/reuters

von David Joram

Spanien gegen Italien heißt es früher als erwünscht. Im Achtelfinale. Im Viertelfinale träfe Deutschland im Fall eines Weiterkommens auf den Sieger dieser Partie. Noch was? Ja! Engländer und Franzosen könnten bereits im Viertelfinale aufeinandertreffen. Und im Halbfinale könnten zwei der fünf Teams den Finalisten ausspielen.

Das ist der eine Weg ins Endspiel. Derjenige, der nicht über leichtes Tannenbaumgeäst führt. Hier müssen schon die ganz schweren Mahagonistämme abtransportiert werden.

Dumm gelaufen. Vor allem für die Italiener, die gegen die Iren gar keine Chance mehr hatten, in der K.-o.-Phase billiges Brennholz zu erhalten. Sie standen ja bereits als Gruppenerster fest. Der „Lohn“, sich gegen den wahlweise Top-, Mit- oder Geheimfavoriten Belgien in der Gruppe durchgesetzt zu haben, ist der edelste aller Mahagoniwege zum Finale. Er führt, wenn alles normal läuft, über Spanien, Deutschland und Frankreich, Europas Top 3.

Wenn tatsächlich alles normal läuft, scheiden die Italiener schon gegen Spanien aus. Sie hätten es dann genauso weit gebracht wie ihr letzter Gruppengegner Irland. Der nur deshalb im Achtelfinale gegen Frankreich ran darf, weil Italiens Coach Antonio Conte seine B-Elf das Duell abschenken ließ.

Die Nordiren kicken genauso bieder wie die Iren. Auch sie stehen im Achtelfinale. Man mag es Will Grigg und seinen Kollegen gönnen – sportlich verdient haben sie es nicht. Aber so läuft das halt in diesem Modus, der den Kleinen alle Möglichkeiten bietet, Historisches zu schaffen.

Weil Nordirland im Achtelfinale gegen Wales antritt, könnten sie es sogar noch weiter schaffen als die Italiener. Seitdem der Gegner mit Wales feststeht, wird in Belfasts Kneipen eifrig am neuen Song gebastelt. Irgendwas mit „Bye bye Bale“ kommt wohl raus. Und prompt ist man unter den besten acht.

Der neue große Turnierfavorit heißt derweil Kroatien. Ivan Perišić’Tor in der 87. Minute gegen Spanien sorgt für eine glänzende Perspektive. Der zweite Finalweg jenseits der großen Fußballmächte wie Deutschland und Spanien ist für die Kroaten machbar. Im Endspiel träfe das spielstarke Team von Ante Čačić ziemlich sicher auf einen Gegner, dem es kräftemäßig überlegen sein müsste. Weil Spanier, Franzosen, Engländer, Italiener und Deutsche viel Energie auf ihre untereinander auszutragenden (Fußball-)Schlachten verwenden müssen.

Wenn alles normal läuft, scheiden die Italiener schon gegen Spanien aus

Aber mal langsam. So leicht ist es dann ja doch nicht im komplexen europäischen Kräftemessen, das – nebenbei bemerkt – nun auch eine Mannschaft für sich entscheiden könnte, die nach der Vorrunde sieglos geblieben ist wie beispielsweise Portugal.

Es könnte natürlich auch zu unvorhersehbaren Zwischenfällen kommen. Im Achtelfinale wird Portugal vor lauter Modrić, Rakitić und Perišić ganz schwindelić. Zwei Minuten vor dem Ende steht es 5:0. Dann gelingt Cristiano Ronaldo der Ehrentreffer zum 5:1. Anschließend verfeuern Kroaten, die die kroatische Mannschaft aus dem Turnier werfen wollen, ihr gesamtes Bengalo-Arsenal. Die kroatische Mannschaft ist psychisch am Ende, kriegt nichts mehr hin. Portugal schießt noch 5 Tore und der Weg für Nordirland ist frei.

Im Viertelfinale gegen Ungarn schaffen es die Grün-Weißen einmal über die Mittellinie. Das reicht, um den 1:0-Sieg durch ein Kopfballtor infolge einer unberechtigten Ecke in der Verlängerung (119. Minute) klar zu machen. Im Halbfinalklassiker gegen die Schweiz trifft Alpenkicker Haris Seferovic auch im Elfmeterschießen nicht. Will Grigg macht anschließend den Panenka. Nordirland steht im Finale, Will Grigg’s on fire. Was sonst.

In Saint Denis heißt der Gegner Island. Wenig überraschend hauen die Isländer erst England, dann Frankreich und schließlich Deutschland raus. „Es gibt keine Kleinen mehr“, wird Jogi Löw vor dem Finale vom DFB zitiert. Das als revolutionär eingestufte isländische Hallentraining zahlt sich in der Mauerschlacht von Saint Denis aus. Den Nordiren fällt nichts ein, die Isländer haben Sigthorsson. Abpfiff, 1:0. Glückwunsch zum Titel, ihr Islassons