LESERINNENBRIEFE
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Irritierender Umstand

■ betr.: „Ich will Frau Hauptmann sein“, sonntaz vom 15./16. 12. 12

Vieles an dem Interview mit Frau Hauptmann Wade war ja vorhersehbar, aber ein Umstand hat mich irritiert: Offenbar war der freundliche Oberstleutnant Geier die ganze Zeit bei dem Interview anwesend. Ein Oberstleutnant steht immerhin drei Dienstgrade über einem Hauptmann. Fungierte er da als Kontrolleur, damit Frau Wade nur ja nichts Ungünstiges über ihre Arbeitspraxis oder über die Bundeswehr sagte? Ist es nicht überhaupt merkwürdig, dass eine Angestellte in Gegenwart eines Chefs interviewt wird? WINFRIED SCHUMACHER, Köln

Wer spinnt hier?

■ betr.: „Von Wahn und Sinn“, taz vom 14. 12. 12

Eine wahnsinnige Geschichte von „Nicht sein kann, was nicht sein darf“! Während ein Mensch, der offensichtlich die Wahrheit über Bankenmachenschaften sagt, in die Psychiatrie gesperrt wird, laufen unsere „Euroretter“, die das von ihnen aufgebaute, tausendfaches Leid bringende Austeritätslügengebäude seit Jahren systematisch ausbauen und pflegen, frei herum, von den Massen als normal und vernünftig anerkannt! Wer spinnt hier? Wo steht unsere Gesellschaft? Weil Lügen (gegenüber uns selbst und anderen) die Norm geworden sind, fällt dieser Wahnwitz nur wenigen auf! Hat die Kombination von Mollaths Schicksal und Austeritätslügengebäude System oder bin ich paranoid? SABINE MIEHE, Marburg

Unverblümtes Gaunertum

■ betr.: „Stuttgart 21 kommt Bahn teuer zu stehen“, taz v. 13. 12. 12

Eine fast gleichzeitige Bekanntgabe der Erhöhung der Bahnfahrpreise und der Übernahme der Milliardenmehrkosten für Stuttgart 21, verbunden mit der Leugnung der Zusammenhänge, ist ein Zeichen unverblümten Gaunertums. Und ein Ende ist nicht in Sicht. Mit weiterem Projektfortschritt sind noch einige Überraschungen bei diesem unterirdischen Projekt und damit bei der Fahrpreisgestaltung zu erwarten. Eigentlich sollte das öffentliche Fahren den Bürgern zuarbeiten und nicht gegen sie wirken. Es ist die alternativlos beste und umweltgerechteste Form der Mobilität. MATHIAS RAQUET, Berlin

Der nördlichste Norden

■ betr.: „Hier beginnt die Online-Demokratie“, Titelbild der überregionalen taz vom 15./16. 12.12

Der abgebildete schönste Leuchtturm Deutschlands – Westerheversand – ist an der Westküste der Landschaft Eiderstedt im Landkreis Nordfriesland in Schleswig-Holstein zu finden. Selbst eine namhafte Brauerei aus Jever im niedersächsischen Ostfriesland hat das seit längerer Zeit akzeptiert und ihr Werbemotiv geändert. Schade auch, dass in dem Artikel „Mitklicken“ geografische Gegebenheiten dem Wortspiel „in den höchsten Norden Deutschlands, auf die unterste Ebene der Demokratie“ geopfert werden. Dadurch sollen doch wohl nicht die meisten Bewohner Schleswig-Holsteins ignoriert werden, die noch nördlicher als Jever/Niedersachsen leben? Den wirklich echten höchsten Norden Deutschlands kann man auf der nordfriesischen Insel Sylt finden. Ach ja, dann doch der Inhalt des Artikels: Ich finde den Vorstoß „Liquid Friesland“ mutig und nachahmenswert – danke für den Bericht darüber! Grüße aus dem nördlichsten Landkreis: Nordfriesland JO STARKGRAFF, Tönning

Langweiliges Schwarzer-Bashing

■ betr.: „Die alterslose Nervensäge“, taz vom 3. 12. 12

Die Regelmäßigkeit, mit der die taz über Alice Schwarzer herzieht, ist langweilig. Eine differenzierte Beurteilung ihrer Person würde zeigen, dass sie nicht nur autoritär, egozentrisch und medienstrategisch ist und gegenüber jüngeren Feministinnen zur Einseitigkeit neigt, sondern ebenso engagierte wie qualifizierte Bücher geschrieben hat und seit mehreren Jahrzehnten fast ohne Werbeeinnahmen ein frauenpolitisches Magazin herausgibt. Außerdem hat sie – als die neue Frauenbewegung noch in den Anfängen stand – den Mut gehabt, sich mit Forderungen, die heute zum gesellschaftlichen Diskurs gehören, den Beschimpfungen der Medien und Öffentlichkeit auszusetzen und dadurch eine bedeutende Vertreterin der feministischen Bewegung zu werden. Diejenigen, die gegenwärtig auf dem Mainstream des Schwarzer-Bashing schwimmen, hätten diesen Mut wahrscheinlich nicht gehabt! ROMINA SCHMITTER, Bremen

Traumatischer Traumjob

■ betr.: „Ich will das so“, taz vom 16. 12. 12

Sich dem Thema „Prostitution“ so unreflektiert zu nähern muss man schon als grob fahrlässig bezeichnen. Haben sich taz und die Protokollantin mal gefragt, warum ein Kind Prostitution als ihren Traumjob wahrnimmt? Es ist nicht wirklich ein Geheimnis, dass solche Gedanken oft Folge von Traumatisierungen sind. Oder dass der Begriff Freiwilligkeit in diesem Kontext generell sehr kontrovers diskutiert wird? Gerade traumatisierte Menschen überspielen ihr Trauma häufig durch Betonung ihrer Willensfreiheit. Länder wie das im Beitrag kritisierte Schweden haben erkannt, dass Zwangsprostitution nur durch Umkehrung der Strafbarkeit beizukommen ist – im Beitrag beschriebene Berufswünsche junger Mädchen müssen dann in der Tat zurückstehen. ALEXANDER KÖPPEN-DLUGOSCH, Berlin