Feldfreunde: Denkt noch größer!

Volksbegehren Tempelhofer Feld

VON KONRAD LITSCHKO

Nichts scheint näherliegend. In der Stadt steigen die Mieten, die Bevölkerungszahlen auch. Warum also nicht das Tempelhofer Feld, diese riesige Leere, mit neuen Wohnungen bebauen, wie es der Senat vorschlägt?

Dem gerade gestarteten Volksbegehren der Wiesenfreunde bliebe so nur die Rolle der Eigennützler: Die wollen ja nur ihren grünen Vorgarten. Das freilich greift zu kurz. Denn viel wahrscheinlicher, als dass auf dem Feld Sozialbauten entstehen, sind doch eher Town Houses „mit weitem Blick ins Grüne“. Und wo einmal angefangen wird zu „gestalten“, weckt das neue Begehrlichkeiten.

Die Forderung der Volksbegehrer ist also nicht unbegründet. Wollen sie diese aber erfolgreich umsetzen, müssen sie noch einen Zahn zulegen. Außerhalb des Feldes bekommt man die Initiativler bisher kaum zu sehen, namhafte Unterstützer sind rar, Parteien und Verbände über das Anliegen gespalten.

Vernetzen ist Pflicht

Und im Feld der Bürgerengagierten stiehlt ihnen bereits ein anderer Akteur mächtig die Show: der Energietisch. Umweltorganisationen, Gewerkschaften, Mieterverbände, die Opposition – sie alle scharen sich hinter der Forderung nach einem Ökostadtwerk. Der Druck ist auch in der Koalition angekommen.

Wollen die Wiesenfans ähnlich erfolgreich sein, müssen sie sich jetzt schnellstens vernetzen und ihr Anliegen zu mehr als einem Lokalthema der Feldanwohner machen. Denn das ist es ja auch nicht. 380 Hektar Wiese, mitten in der Stadt, angeeignet von den Städtern selbst, von Grillern, Sportlern, Flaneuren und Gärtnern: das ist eine Einzigartigkeit, die so wohl nur in Berlin funktioniert.

Bericht SEITE 22