Wozu teilen, wenn man 100 Prozent haben kann?

Vermittlung Der 3. Internationale Tag der Mediation richtet sich an Menschen, denen dieses Instrument helfen könnte. Das ist vor allem im bunten Berlin der Fall

Cornelia Stauß

gehört zum Organisationsteam in Berlin Brandenburg für den Internationalen Tag der Media­tion und arbeitet selbst als Coach und Mediatorin.

Frau Stauß, Streit zu schlichten ist eine alltägliche Aufgabe. Wen wollen Sie hier in Berlin und Brandenburg mit welchem Ziel am Internationalen Tag der Mediation erreichen?

Cornelia Stauß: Mediation wird nur sehr zögerlich im alltäglichen Leben als Möglichkeit zur Lösung von Konflikten wahrgenommen. Ein Teil unserer Veranstaltungen richtet sich daher neben privat Interessierten auch an Unternehmen, Führungskräfte, Mitarbeiterinnen oder Start-ups. Wir präsentieren heute Mediation in den verschiedensten Bereichen, zum Beispiel bei Nachbarschafts- oder Wohngemeinschaftsstreitereien, im Sport, in der Familie, bei Erbschaftskonflikten oder im Zusammenleben mit verschiedenen Kulturen. Einige große Firmen wie die Deutsche Bahn oder die BVG haben bereits ein Konfliktmanagement mit internen Mediatoren als festen Bestandteil ihn ihren Unternehmen etabliert.

Welche Rolle spielt Mediation in einer Stadt wie Berlin, wo unterschiedliche Lebensstile auf engem Raum miteinander klarkommen müssen?

Viele Konflikte beruhen auf Missverständnissen oder auf verschiedenen Perspektiven auf eine Sache. Berlin ist eine Großstadt mit besonders vielen unterschiedlichen Lebensstilen und Kulturen. Wenn man die Chance hat, solche kulturellen oder sozialen Missverständnisse auszuräumen, ist schon sehr viel erreicht. Ein Beispiel: Zwei Schwestern streiten sich um eine Orange. Sie einigen sich darauf, die Orange in der Mitte zu teilen, ein klassischer 50-Prozent-Kompromiss. Eine Schwester presst den Saft aus und trinkt ihn, die andere reibt die Schale zum Kuchen backen ab und wirft das Innere der Orange weg. Hätten die beiden darüber geredet, wofür sie die Orange benötigen, hätten sie jeweils zu 100 Prozent ihr Bedürfnis stillen können.

Wird der Bedarf nach Vermittlung von den Berlinern erkannt?

Berlin spielt mit seinen unterschiedlichen Lebensstilen eine besondere Rolle bei der Mediation: Die hohe Anzahl von Mediatoren und der große Zulauf bei der Ausbildung gerade in Berlin, deutet darauf hin, dass Mediation auch für den Wunsch nach mehr Verständnis von Unterschiedlichkeit steht.

Wenn so viele verschiedene Akteure solch eine breite Veranstaltungspalette präsentieren: Gibt es da Streit und bedarf es dann auch schon mal einer Mediation?

Na klar, das ist doch ganz normal. Wir sind drei Leute in der Leitungsfunktion der Regionalgruppe Berlin-Brandenburg. Zwei weitere unterstützen uns bei der Organisation dieses Tages. Wir sind also zu fünft, da sollte es schon unterschiedliche Auffassungen geben. Unsere Erfahrungen und Methoden helfen uns – auch wenn es eng wird. Wenn mal ein Konflikt aufkommt, greifen wir auf unser internes Konfliktmanagement zurück. InterviewLars Klaaßen