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Euro16 Frankreich vor dem AuftaktspielSie sind noch zu lax

Trainer Deschamps ist nervös: Vor der Bewährungsprobe gegen Rumänien haben noch nicht alle Spieler begriffen, worum es bei der EM geht.

Antoine Griezman guckt so, als wenn er lieber mit dem Ball trainieren will Foto: reuters

Reden wir über Sport. Der Fußball scheint Nebensache zu sein vorm Auftaktspiel der französischen Nationalmannschaft bei dieser Europameisterschaft. Das Match soll gefälligst gewonnen werden. Für Diskussionen darüber, ob Auswahltrainer Didier Deschamps zu Recht am Rassismuspranger steht oder nicht, ist keine Zeit im Trainingscamp der Franzosen in Clairefontaine bei Paris.

Der erste Gegner heißt Rumänien. Und Didier Deschamps mag es gar nicht, wenn abfällig über die Gegner der Bleus in der Vorrundengruppe gesprochen wird. Neben Rumänien sind die Schweiz und Albanien Gegner des Gastgeberteams. „Eine glückliche Auslosung“, sagte er im Teamquartier, „war es nur dann, wenn wir die Gruppe gewonnen haben.“

So richtig zufrieden äußerte er sich nicht über die Arbeit seiner Spieler vorm ersten großen Spiel im Stade de France von St. Denis. „Einige Spieler müssen aufhören, herumzutanzen“, forderte der Coach. Namen nannte er nicht, aber so richtig gefällt ihm nicht, was da gerade geschieht.

Ein paar Spieler gingen im Training nicht ernst genug zur Sache. Seine Formation scheint er gefunden zu haben. Der letzte noch offene Platz im gewohnten 4-3-3-System ist für Dimitri Payet vorgesehen, der neben dem Bayern-Schreck in Diensten von Altetico Madrid, Antoine Griezmann, und Olivier Giroud stürmen soll.

Sonderschichten und Harmonie

Im März dieses Jahres beim Test gegen die Niederlande (3:2) hat sich das Trio schon bewährt. Nicht anders war das beim letzten Spiel der Franzosen vor der EM. Beim 3:0 der Franzosen gegen Schottland traf Giroud zweimal und einmal Payet.

Letzterer galt als großer Hoffnungsträger des französischen Fußballs, hat es mit seinen 29 Jahren aber bis heute nur auf 19 Einsätze für das Nationalteam gebracht. Bei seinem Klub West Ham United wurde er zwar als bester Spieler der Saison ausgezeichnet, im großen europäischen Rampenlicht stand er allerdings noch nie.

Einige Spieler müssen aufhören, herumzutanzen, forderte Didier Deschamps, der Coach. Namen nannte er nicht. Es heißt, Paul Pogba müsse sich ange­sprochen fühlen

Das ist bei Adil Rami anders. Der Verteidiger hat mit dem FC Sevilla in dieser Saison die Europa League gewonnen. Dennoch gilt er als Risikofaktor im Abwehrzentrum. Rami ist als Nachrücker für Real Madrids Raphael Varane ins Aufgebot nachgerückt.

Die Nachricht von der Oberschenkelverletzung Varanes war ein schwerer Schlag für Didier Deschamps. Der hat Rami nach dessen durchwachsenem Auftritt im Test gegen Kamerun, den die Franzosen mit 3:2 gewonnen haben, Sonderschichten verordnet. Seitdem verbringt er beinahe jede Trainingsminute zusammen mit Abwehrchef Laurent Koscielny. Sie sollen auf Harmonie getrimmt werden.

Viele glauben, dass Deschamps Pogba für zu lax hält

Das Zentrum im Mittelfeld soll mit N’Golo Kanté besetzt werden, womit eine gute Portion Robustheit und Laufbereitschaft vom englischen Meister Leicester City in die französische Auswahl importiert wird. Die Brücke zu den Stürmern sollen die Außen im Mittelfeld schlagen, rechts Blaise Matuidi und links der Langzeitrohdiamant Paul Pogba von Juventus Turin. Der hat ein nicht ganz einfaches Verhältnis zu Auswahltrainer Des­champs, weil er in der Nationalelf noch nicht so oft gezeigt hat, wofür er im Klub so sehr gelobt wird: körperliche Durchsetzungsfähigkeit, gepaart mit technischer Finesse. Viele vermuten, dass Pogba gemeint war, als Deschamps seine Kritik an der laxen Trainingseinstellung einiger Spieler bemängelt hat.

Sie sollen sich also gefälligst konzentrieren aufs Turnier. Dabei kann ihnen Des­champs die Erinnerungen an das vom Terror überschattete Spiel gegen Deutschland am 13. November des vergangenen Jahres nicht verbieten. Auch die nicht nachlassenden Rassismusdiskussionen um die Nichtberufung des Stürmers Karim Benzema werden die Spieler weiter beschäftigen.

Deschamps will auch nicht versuchen, dies krampfhaft zu unterbinden. „Sie sollen ruhig alles lesen, was geschrieben wird“, sagt er und erinnert an seine Zeit als Spieler der Weltmeisterelf von 1998: „Bei uns waren Zeitungen eigentlich verboten. Wir haben dennoch alles gelesen“, sagte er.

Das Eröffnungsspiel am heutigen Freitag (21 Uhr) erwartet Deschamps beinahe schon sehnsüchtig. „Seit zwei Jahren denke ich daran“, sagt er. Natürlich hat er sich intensiv mit dem Gegner Rumänien beschäftigt. Er wisse alles über die Rumänen, sagen die Spieler. Die kennen seine Pläne. Der Presse wollte er sie aber nicht verraten.

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