Demo gegen Nazischützen

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Zu einer Demonstration in Lingen hat die Antifaschistische Aktion für Samstagnachmittag aufgerufen: Solidarität mit Geflüchteten und Widerstand gegen jede Form des Rassismus wolle man zum Ausdruck bringen, so der Anmelder, in Reaktion auf die Angriffe des zur örtlichen Neonazi-Szene zählenden 21-jährigen Moritz H. auf Bewohner eines Flüchtlingsheims am vergangenen Sonntag. Mit dem Luftgewehr hat er einen 18-Jährigen, der vor dem Bürgerkrieg in Syrien geflohen ist, und ein fünfjähriges Mädchen unter Beschuss genommen und leicht verletzt.

Lingens parteiloser Oberbürgermeister Dieter Krone hatte unmittelbar nach der Tat festgestellt, dass es sich bei Moritz H. um einen wirren Einzeltäter handeln müsse. Tatsächlich passt diese Deutung zu vielen Aspekten des Falls: Kurz nachdem Moritz H. mit seinem Luftgewehr erst auf ein Mädchen im Vorschulalter, dann auf einen 18-jährigen Bewohner des Flüchtlingsheims vis à vis schoss – dass er’s tat, gilt als sicher, auch wenn er es bestreitet – war er von der Polizei alleine in seiner Wohnung angetroffen worden. Und auf die Staatsanwaltschaft Osnabrück hat er einen so verwirrten und zugleich so gefährlichen Eindruck gemacht, dass die am Mittwoch beim Richter beantragte, ihn in die Psychiatrie einzuweisen, hilfsweise zu inhaftieren. Beides jedoch wurde abgelehnt.

Allerdings, die Geschichte vom Einzeltäter lenkt von verfestigten rechtsextremen Strukturen im Emsland ab, in denen Moritz H. sich bewegte und im Zusammenhang mit denen seine Tat zu sehen ist. Er habe „rechtsradikale Neigungen“, bestätigte der Sprecher der Osnabrücker Staatsanwalt Alexander Retemeyer. Der Heckenschütze verortet sich seit mindestens drei Jahren aktiv in NPD-Zusammenhängen. Moritz H. hat sich im Wahlkampf engagiert, hat NPD-Flyer verteilt und -Plakate aufgehängt und ist NPD-Aufrufen zu Demos gefolgt. Zwar bestreitet Tobias Richter, der wegen Volksverhetzung verurteilte Vorsitzende des NPD-Unterbezirks Emsland, dass Moritz H. jemals, wie dieser behauptet hat, sein Vize gewesen war. Und es ist durchaus möglich, dass Richter und seine Clique den wegen Gewaltdelikten vorbestraften jungen Mann nicht für voll genommen hat. Aber dass er die Nähe der gewaltbereiten rechtsradikalen Szene gesucht hat, ist offenkundig.

Physisch hat Moritz H. seine Opfer nur leicht verletzt. Welche Spuren es bei einem fünfjährigen Kind hinterlässt, wenn es beschossen wird, und wie ein Bürgerkriegsflüchtling damit umgehen kann, im vermeintlich sicheren Zielland attackiert zu werden – Spekulation.

Die Demo, die um ab 14.30 Uhr vom Bahnhofsvorplatz startet, wird „vorbei an der Geflüchtetenunterkunft am Langschmidtsweg“ ziehen, um Mitgefühl zu bekunden. Denn da Moritz H., der angeblich schon früher BewohnerInnen angegriffen haben soll, nicht inhaftiert wurde, wohnt noch immer in der Nachbarschaft. „Innerhalb der Unterkunft herrscht große Unsicherheit und Angst“, heißt es im Demo-Aufruf. bes