Einblick(626)

Nathalie Mba Bikoro & Anaïs Héraud-Louisadat, Künstlerinnen

Foto: Squat Monument

taz: Welche Ausstellung in Berlin hat euch zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?

NMB+AHL: Eine neue Ausstellung über die Wünsdorfer Moschee in Zossen. In einem kleinen Haus ist hier eine Kollektion von Dokumenten und Fotos über die Geschichte des kolonialen „Halbmondlagers“ in Wünsdorf zu sehen, in dem ab 1915 eine große Zahl afrikanischer, arabischer und indischer Kriegsgefangener interniert war. Auch sehr inspirierend: „The incantation of the Disquieting Muse“ bei SAVVY Contemporary. Es geht um Hexerei im weltweiten Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne als Form von Technologie, Medizin und als alternatives Kommunikationssystem für vertriebene Bevölkerungen.

Welches Konzert oder welchen Klub könnt ihr empfehlen?

Die Bar in der Kameruner Straße im Wedding, die ihren Namen von „Lüderitz“ zu „Fredericks“ geändert hat. Adolf Lüderitz war ein deutscher Kolonialverbrecher, Cornelius Fredericks ein afrikanischer Freiheitskämpfer im heutigen Namibia. Und den Balkon des „NorthEurope/WestGermany“, auf dem die Musik der Band, die gerade gespielt hat, in den Köpfen der Gäste nachhallt.

Welches Buch begleitet euch zurzeit durch den Alltag?

Die Entdeckung der Gedichte und der Lebensgeschichte des Poeten Roque Dalton aus El Salvador. Sein Buch „Taberna y otros lugares“ hat uns bei unserer Recherche inspiriert als eine Form, poetisches und politisches Engagement zusammenzubringen.

Was ist euer nächstes Projekt?

Anfang September werden wir bei District eine Ausstellung eröffnen: Eine recherchebasierte Installation, an der wir während der Zeit der Ausstellung weiterarbeiten. Dazu werden wir Veranstaltungen organisieren.

Zu den Personen

Nathalie Mba Bikoro und Anaïs Héraud-Louisadat leiten das Projekt Squat Monument, das sich zwischen Bildender Kunst und politisch-sozialen Kollaborationen mit lokalen und internationalen Künstler_innen und aktivistischen Gruppen bewegt. Gemeinsam nehmen sie die Transformation von Archivmaterialien der Kolonialgeschichte in künstlerische Erfahrung in den Blick, um andere Perspektiven auf kollektive Erinnerung zu schaffen (siehe oben).

Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht euch am meisten Freude?

Ein sechs Meter breiter Kili­man­jaro, den wir gemeinsam gemalt haben. Er stellt eine Replika einer Filmkulisse dar, die in dem Kolonialfilm „Carl Peters“ von 1941 zu sehen ist. Seit letztem Jahr bringen wir ihn an verschiedene Orte in Berlin, um eine Auseinandersetzung mit der Sprache kolonialer Erinnerung anzuregen.