Über zehn Prozent

Petra Selg zu den Chancen für Schwarz-Grün in Stuttgart

taz: Frau Selg, Sie wollen im Dezember Grünen-Chefin in Baden-Württemberg werden. Im März wird bei Ihnen im Ländle gewählt. Setzen Sie auf Schwarz-Grün?

Petra Selg: Nein. Mit Sicherheit nicht. Wir werden das halten wie schon im Bundestagswahlkampf und einen original grünen Wahlkampf machen: für ein zweistelliges Ergebnis. Eine Farbenspieldebatte führe ich nicht.

Ich fürchte, Sie müssen – alle führen im Moment diese Debatte.

Ja, und da gibt es auch die immer gleiche Antwort: Nach der Wahl wird man schauen müssen, welche Möglichkeiten es gibt. Aber da wir Grünen auf Inhalte setzen, kann ich Ihnen jetzt schon sagen, dass ich gegenwärtig keine Überschneidungen mit der Union sehe.

Es heißt, gerade in Baden-Württemberg gebe es bei den Themen Mittelstand und Biotech Gemeinsamkeiten.

Quark. In der Umweltpolitik sind wir konträr. Aktuell hat die Union Studiengebühren eingeführt, da sind wir gegen. Die Union will in der Schule weiterhin die Selektion nach der vierten Klasse – wir wollen den gemeinsamen Unterricht bis zur neunten.

Ihr Spitzenkandidat Winfried Kretschmann wirkt aber ausgesprochen schwarz-grün.

Der Kretschmann kriegt das nicht los. Er erklärt selbst, dass er nicht weiß, was er noch dagegen machen kann. Egal was er sagt – jedes Mal bleibt’s an ihm kleben. Die Baden-Württemberger werden schon immer in die schwarz-grüne Ecke geschubst, weil Fritz Kuhn mit Erwin Teufel Anfang der 90er-Jahre einmal Verhandlungen geführt hat. Jetzt machen wir seit Jahren gute Oppositionsarbeit, das sollte sich einmal herumsprechen.

Hat der Oldenburger Parteitag den Grünen bei der Selbstfindung geholfen?

Nun, wir müssen uns jetzt ja nach sieben Jahren an der Regierung vollkommen neu zurechtruckeln, dazu war das schon ganz gut. Der Fischer ist abgetreten, wir müssen gucken, was uns da mit der großen Koalition bevorsteht, deren Personal kennen lernen …

Die SPD hat mit Sigmar Gabriel einen Nachfolger für Jürgen Trittin als Umweltminister nominiert, der eine Steilvorlage für die Grünen sein dürfte – doch der Parteitag hat eine „fairen Chance“ für Gabriel proklamiert.

So sind wir halt. Das ist unser Stil. Wir fallen nicht über politische Gegner her. Doch in der Tat ist uns Gabriel bislang nicht als ökologischer Modernisierer, sondern eher als industriepolitischer Besitzstandswahrer aufgefallen. Ich bin gespannt, in wie vielen Tagen er sich in einen Umweltpolitiker verwandelt. Auch bei Gerhard Schröder ging das ja im Wahlkampf auffällig schnell. INTERVIEW: UWI