CSU quält sich mit Personalentscheidungen

Stoiber will Seehofer als Agrarminister. Doch der will das Familienressort. Und viele Kollegen wollen ihn gar nicht

CSU-Abgeordnete sind empört:Wird jetzt ausgerechnet Dauerkritiker Seehofer Minister?

BERLIN taz ■ Der frühere Gesundheitsminister und lauteste Kritiker der Gesundheitspolitik von Angela Merkel, CSU-Vize Horst Seehofer, soll Agrar- und Verbraucherschutzminister werden. Darauf habe sich CSU-Chef Edmund Stoiber festgelegt, hieß es gestern Abend aus Parteikreisen. Doch sicher war noch nichts. Sicher war nur: Die CSU hat sich wieder als lustiger Intrigantenstadel präsentiert. Minütlich wechselnde Meldungen aus München über den Stand der Personalbesetzungen deuteten auf einen Machtkampf hin, in dem Stoiber die Kontrolle zu verlieren scheint.

Spätestens heute Mittag muss die Entscheidung fallen: Kanzlerin in spe Angela Merkel will vor dem Beginn der Koalitionsverhandlungen bekannt geben, welche Unionspolitiker ihrem Kabinett angehören sollen. Neben vier Posten für die CDU stehen der CSU zwei Ministerämter zu. Nachdem sich Stoiber entschieden hatte, das Wirtschaftsressort zu übernehmen, ließ Merkel der bayerischen Schwesterpartei für den zweiten Posten nur noch die Wahl zwischen Verteidigungs- und Verbraucherministerium.

Schon das wird als Niederlage für Stoiber gewertet: Am liebsten hätte er seinen Innenminister Günther Beckstein mit nach Berlin genommen, um für seinen Wunschnachfolger als Ministerpräsident, Erwin Huber, das Feld in München frei zu machen. Doch daraus wurde nichts, weil die CDU auf dem Innenministerium bestand. So kam Seehofer ins Spiel. Stoiber dürfte interessiert sein, Seehofer einen guten Job zu verschaffen und ihn in die Berliner Kabinettsdisziplin einzubinden; andernfalls könnte der populäre Ingolstädter schnell beginnen, an seinem Stuhl als Parteichef zu sägen.

In der CSU-Landesgruppe im Bundestag wiederum stieß Seehofers Nominierung auf Widerstand, weil sich viele Abgeordnete empörten, dass mit dem 56-jährigen Sozialpolitiker ausgerechnet jemand belohnt werde, der sich häufig gegen die Parteilinie gestellt hatte. Sie hätten lieber ihren Landesgruppenchef Michael Glos als Verteidigungsminister. Seehofer selbst will durchaus Minister werden, hätte aber angeblich lieber das sozialpolitisch wichtigere Familienressort. Das aber hat Merkel für ihre CDU-Parteifreundin Ursula von der Leyen reserviert. LKW