Angriff aufs Trommelfell

ELEKTRO-KRACH Das wird laut: Mitte der 90er haben Atari Teenage Riot um Alec Empire die letztgültige Defintion von Elektropunk formuliert. Heute sind die wiederbelebten Krawallgeschwister im Klubsen zu Gast

Botschaften, herausgeschrien inmitten schnellen und ohrenbetäubenden Lärms

VON ROBERT MATTHIES

Musik kann ja auf ganz verschiedene Arten wehtun: weil sie so furchtbar schlecht ist, weil die besungenen Gedanken schmerzen, weil das Herz an den übermittelten Gefühlen leidet. Und sie kann ganz schlicht im Ohr wehtun. Weil sie so fürchterlich laut ist, dass einem noch Stunden später das Trommelfell gehörig piept.

Alexander Wilke-Steinhof alias Alec Empire kennt alle Wege, musikalisch wehzutun. „Riot sounds produce riots“ hieß die Devise Mitte der 90er, als seine Krawallkombo Atari Teenage Riot mit „Delete Yourself“ die letztgültige Bestimmung von Elektropunk lieferte: aggressive linksradikal-anarchistische Botschaften, herausgeschrien inmitten viel zu schnellen und ohrenbetäubenden Lärms irgendwo zwischen Punk, Avantgarde und Techno.

Paradoxerweise geht Herr Empire zugleich auch den anderen, schmerzvermeidenden Weg: 2006 schrieb er den Song „Make ’Em Bleed“ für den Antigewaltfernsehspot von Boxweltmeister Nikolai Walujew. Und etwas mehr in die Zukunft gedacht: Die Zusammenarbeit mit Greenpeace gegen die globale Erwärmung. Und überhaupt: Wer kann noch zählen, wo der Berliner überall seine Hände im Spiel hat? Labelbetreiber, Remixer, Kollaborationen mit allem, was in der mehr oder weniger randständigen Musikwelt einen Namen hat, Musik jeglicher Provenienz und Ausrichtung.

Und letztes Jahr gab es dann nach zwölf Jahren Hiatus sogar wieder ein reguläres Atari-Teenage-Riot-Album. Und auf der Bühne kann man die Krawallgeschwister auch wieder hören. Zumindest, so lange die Ohren mitmachen.

■ Do, 20. 12., Klubsen, Wandalenweg 7